Trost
Es war einmal ein Sommermärchen. Ein buntes Fußballfest im Jahr 2006, als die Euphorie und Freude der deutschen Gastgeber in die Welt hinaus strahlten. Als die Deutschen alle Klischees des Deutschseins abstreiften und mit lebensfroher Leichtigkeit „die Welt zu Gast bei Freunden“ willkommen hieß.
Die Erinnerungen daran werden nun von vielen wieder beschworen. Man träumt von einem Sommermärchen reloaded, bei dem zwar nicht die Welt zu Gast ist, aber dieses zerrissene Europa. Für einen Monat lang soll der Fußball das Wunder vollbringen, es wieder in gemeinschaftlicher Feierlaune zu einen.
Ob das gelingen kann? Pandemie, Kriege, Inflation, gesellschaftliche Gräben – die Zeiten sind längst nicht mehr so unbeschwert wie einst. Sogar der unermüdlich strahlende Sonnenschein von 2006 würde heutzutage wegen der Klimakrise die Partystimmung trüben. Auch das Spiel an sich hat seine Unbeschwertheit verloren, weil sich die „Könige“ der Fußballwelt viel zu oft als Bösewichte im eigenen Märchen eignen würden.
Und dennoch – ich freue mich auf diese vier Wochen. Darauf, dass die Politik mal ins Abseits gekickt wird und der Stadionjubel den Ton angibt. Dass es endlich wieder ein Gesprächsthema gibt, auf das sich die meisten einigen können. Und die Stimmung ein wenig leichter wird.
Wie heißt es so schön im Märchen: Und sie lebten alle glücklich und zufrieden – zumindest bis ans Ende dieser hoffentlich friedlich-fröhlichen EM.
(Franziska Trost – Krone 14.6.2024)
Posted: Juni 14th, 2024 under Allgemein.
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