KALEIDOSKOP – Leseprobe 14
Kapitel 40
Dr. Anneliese Borner und Dr. Waltraud Wiener flogen gemeinsam nach Amerika, das heißt genauer nach New York, um die dortige Filiale der Österreichischen Länderbank in der Bronx zu besuchen. Zuerst machten sie sich frisch, im Opera House Hotel, um dann vom Stellvertretenden Filialleiter George Williamson empfangen zu werden. Dieser stellte sich als gemütliches Haus heraus, und er zeigte ihnen bereitwillig alles, was sie wissen wollten. Dabei gab er sich keiner Illusion hin, dass die Filiale nur das dritt- oder viertklassige Geschäft übrigblieb, mit entsprechendem (hohem) Risiko. Wenn das der Vorstand in Wien wüsste, dachten die Beiden bei sich – sie hielten sich aber mangels Kompetenz zurück. Die „Großkopferten“, also die maßgeblichen Entscheider, würden schon wissen, was sie taten – da ließen sie sich von zwei Mädels nicht dreinreden.
Am Abends des ersten Tags ihres Aufenthalts gingen sie im Stadtteil Tribeca (der Name steht für „Triangle Below Canal Street“) in ein Lokal namens „The Lesbian Bar Project“. Die Frauen dort küssten sich ungeniert und völlig öffentlich, das war ein ganz anderes Ambiente als vergleichbaren männlichen Veranstaltungen – in der Regel funktionierte es dort viel zärtlicher und anschmiegsamer und liebebedürftiger zu. Während der Großteil der übrigen Teilnehmer auch durchaus „fremd“ gingen, begnügten sich Anneliese und Waltraud mit trauter Zweisamkeit.
Das änderte sich auch nicht, als die Beiden bedrängt wurden, ihre Zurückhaltung aufzugeben, indem sie voneinander mit sanfter Gewalt (auch mit Zärtlichkeit) getrennt wurden. Schließlich gewannen die urwüchsigen Gefühle bei Beiden die Oberhand, egal wer immer der Geschlechtspartner war. „Hey, baby, won’t you make love to me!“, rief die Meute und hob Anneliese und Waltraud quer über die Köpfe hinweg – ein Triumphzug aus Leidenschaft. Anneliese und Waltraud, die mittlerweile ihre Kleider samt Unterwäsche verloren hatten, gaben sich geschlagen. Und mit wechselnden Frauen an ihrer Seite kamen zum sie Höhepunkt. Waren Drogen im Spiel? Sie konnten es nicht sagen…
Am nächsten Tag wussten sie nicht, wie sie in das Hotel zurückgekommen waren – sie hofften in einem halbwegs bekleideten Zustand und ohne größeres Aufsehen zu erregen. Der Aufrougeprozess dauerte etwas länger als sonst – sie sahen furchtbar aus. Anschließend stürzten sie sich mit Heißhunger auf das Frühstück – danach waren sie wieder einigermaßen ansprechbar.
George Williamson erwartete sie schon, um sie in die Spezifika des US-Geschäfts einzuführen. Sie konnten sich nicht noch immer nicht richtig konzentrieren, aber George plauderte munter drauf los. Dann platzte Alan Muller herein, der Filialleiter himself, – er schilderte die Möglichkeiten des „Big Business“ in den glühendsten Farben, und dass die Länderbank hier mitnaschen dürfte. Anneliese und Waltraud waren bass erstaunt über die unterschiedlichen Auffassungender der beiden Herren. Sie neigten eher dem Standpunkt von George zu, sagten klarerweise nichts.
Sie flogen denkbar verwirrt nach Hause zurück. Sollten sie dem Vorstand von ihren Beobachtungen berichten oder war das nebensächlich – die vier Vorstandmitglieder reisten einfach gerne in die USA, natürlich getrennt voneinander. Egal welche Verluste sie allenfalls einfahren würden, Hauptsache, sie konnten sich sonnen in der großen Welt!
Kapitel 41
Anneliese und Waltraud wandten sich wieder einmal ihrem anderen Steckenpferd zu, wobei sie gefühlsmäßig große Vorsicht an den Tag legen mussten. Das galt nicht für‘s Spielzimmer, wo sie total unbeobachtet waren. Sie hatten sich – abgesehen von ihren sozusagen offiziellen privaten Rechnern – einen neuen Computer angeschafft, auf dem sich nur durch künstliche Intelligenz erzeugte Frauen und Männer befanden, ja auch Männer, denen sie eine gewisse Unterwürfigkeit einprogrammiert hatten.
Diese waren lebensecht in ihren Reaktionen – allerdings es waren rein auf den Bildschirm beschränkte Automaten. Für komplexere Anwendungen, etwa in Form von unabhängig tätigen menschenähnlichen Robotern, fehlte ihnen das Fachwissen, abgesehen vom Umstand, dass sie nicht wussten, ob sowas schon jemals erfunden wurde. Das wäre an sich ganz nach ihrem Geschmack! Anneliese und Waltraud beschlossen, die einschlägige Literatur genauer zu beobachten, um nur ja nicht den Faden zu verlieren.
Dabei lernten sie, dass ein Androide vor allem durch einen menschenähnlicheren Körperbau und menschliche Gesichtszüge ausgestattet ist. Androiden unterscheiden sich von anderen humanoiden Robotern vor allem durch einen menschenähnlicheren Körperbau und menschliche Gesichtszüge. Idealerweise besteht der Androide aus Material, das menschlichem Gewebe ähnelt, einschließlich einer der Haut entsprechenden Hülle. Androiden sind zwar Roboter, sehen Menschen aber nicht nur zum Verwechseln ähnlich, sondern imitieren darüber hinaus menschliches Verhalten und reagieren auf Reize. Sie verfügen über alle sichtbaren Körperteile, und die Technik im Inneren ist von außen nicht sichtbar. Im Vergleich zum humanoiden Roboter sind Androiden somit nicht nur deutlich weiter entwickelt, sondern auch unauffälliger. Eine höhere Akzeptanz durch Menschen, die mit Androiden Umgang pflegen, ist als Folge dieses Designs beabsichtigt. Und – was besonders wichtig für die Beiden – das galt auch für die weibliche Form, die sogenannten Gynoiden!
Zu den aktuellen Fähigkeiten gehören unter anderem (dabei handelte es um Prototypen, die für Anneliese und Waltraud außerhalb ihrer finanziellen Möglichkeiten waren):
* gehen, rennen, Treppen steigen, Tür öffnen, heftige Stösse ausbalancieren.
* nach Hinfallen wieder aufstehen.
* Tablettwagen schieben, Tablett entgegennehmen, transportieren.
* Gebärdensprache.
* Rad fahren, Ball fangen und werfen.
* Getränke einschenken, Tätigkeiten im Haushalt.
Also blieben sie beim Computer-Bildschirm als einzige realistische Alternative. Da saßen sie halbnackt, und ließen sich Komplimente machen – vorwiegend über ihre Schönheit, das hatten sie von Frauen einprogrammiert. Die Männer kamen schlechter weg – für sie blieb nur die Servilität…
Kapitel 42
Franz Borner hatte einen leichten Herzinfarkt. Da er schon vierzig Dienstjahre angehäuft hatte, schickte die Stadt Wien in den Ruhestand. Da konnte man sich des Eindrucks nicht erwehren, dass der Magistrat ihn schon die längste Zeit loswerden wollte und nur einen Aufhänger suchte. Borner war Zeit seines Lebens auf Krawall gebürstet, und er genoss das sichtlich – in Verkennung seiner tatsächlichen realen Möglichkeiten.
Margaretha hatte jetzt plötzlich einen zusätzlichen Hausbewohner am Hals, und zwar vierundzwanzig Stunden am Tag – das war ging ihr gegen den Strich
(under construction)