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Agentinnen und Agenten Leseprobe (3)

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Die Frau des obersten Chefs des FBI, eine kühle Intellektuelle in Reinkultur namens Allison, verliebte sich Hals über Kopf in Fabian – obwohl sie an sich überhaupt nicht dazu neigte und das noch nie gemacht hatte. Es überkam sie einfach so – wie gut, dass sie als seine Tischdame auftrat. Wie gut auch, dass er überhaupt gekommen war…

Von Eva lange Zeit gedrängt, hatte sich Fabian doch endlich breitschlagen lassen und war zu einem dieser Events erschienen, und das nur, wenn die Ochsenknecht ihn begleitete. Denn es handelte sich bei der Angelegenheit um einen sehr förmlichen Anlass. Die Zentralbehörde des Federal Bureau of Investigation bestand – selbstverständlich, ist man fast versucht anzumerken – ausschließlich aus Männern. Die Frauen waren in dem Zusammenhang nur schmückendes Beiwerk bei offiziellen Lustbarkeiten.

Fabian hatte sich zu diesem Anlass fein gemacht – jedenfalls nach seinen Begriffen –, wenn er auch unter all den Anzugträgern noch immer exotisch wirkte. Als besonders verstörend mutete die kleine ausgestopfte Eule an, die er trotz Protests von Eva auf seiner Schulter sitzen hatte. Die anwesenden Herren konnten sich nicht genug darüber echauffieren, was für einen seltsamen Anblick Fabian bot. Sie hatten damit unversehens ein Thema, das fernab vom immer gleichen, für jeden Außenstehenden abturnenden Gerede stand.

Allison machte ex abrupto (so würde sie es selbst ausdrücken) die Erfahrung, dass sie bei weitem nicht alles so im Griff hatte, wie sie dachte. Nicht alles war so, wie es aussah. Man könnte es auch so formulieren und damit ein oft gebrauchtes Sprichwort überstrapazieren, und zwar „Es gibt mehr Dinge zwischen Himmel und Erde, als unsere Schulweisheit sich träumen lässt!“

Sei dem, wie dem sei – Allison zeigte sich fasziniert von Fabian. Dabei war ihr Interesse zunächst primär kein sexuelles (das kam auch dazu – der Bursche entpuppte sich bei näherem Hinschauen als ausgesprochen stattlich), und das schien nicht eben verwunderlich, wenn er unter einheitlichen grauen bis schwarzen Tuch hervorstach. Aber da würde man es sich zu einfach machen…

Seine Anziehungskraft lag vor allem in einem höheren, absoluten und arkanen Wissen begründet. Das Geheimnis (was der Wortsinn von des lateinischen „arcanum“ ist) war eine Ausstrahlung, die von innen hervortrat, sich aber beileibe nicht jedem offenbarte. Fabian gedachte nach langem Zögern, Allison in die Grundzüge dieses Mysteriums einzuweihen.

Er parlierte munter darauf los, aber das erschien nur vorgeschoben – unbemerkt für die Übrigen machte er seiner Tischdame aufgrund seiner besonderen Gabe klar, was die wesentlichen, bestimmenden Merkmale waren. Allison war es innerlich leid, die ganze ihr plötzlich als verlogen erscheinende Fassade aufrecht zu erhalten – äußerlich aber verteidigte sie die Contenance erfolgreich. Der Zauber, der zwischen ihr und Fabian geherrscht hatte, war verflogen.

Die Runde löste sich schrittweise auf. Allison verabschiedete sich reserviert von ihrem Tischherrn und zog mit ihrem Gemahl ab – übrigens, das habe ich bis jetzt vergessen zu erwähnen, einem African American, während seine Frau der Bevölkerungsgruppe „White“ zugeordnet werden konnte, was eine nicht unspannende Kombination mit den damit verbundenen Komplikationen darstellte.

Von den Übrigen unbemerkt, hatte sich Eva mit einem von den „Anzugträgern“ angefreundet. Dieser unterhielt sie mit Schnaken und Schnurren aus seinem Agentenleben, jedenfalls soweit diese für die Öffentlichkeit bestimmt waren, und war von einer erfrischenden Normalität. Man kam überein, einander gelegentlich wiederzusehen…

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Zoey Mathewson, die Angetraute von Cosimo Zingarelli (sie hatte ihren Mädchennamen behalten), und Dena Smith freundeten sich richtig an. Die Mathewson kam mit typisch weiblichen Instinkt dahinter, dass Dena lesbisch war und ihr von dieser Seite keine Gefahr drohte, jedenfalls nicht für ihren Mann. Die Smith platzte auch früher oder später ihrerseits mit der Verlautbarung heraus, „denn das ist ja heutzutage etwas, was man nicht war unbedingt verstecken muss!“

Und Dena sagte weiter: „Ich habe eine feste Freundin. Sie stammt aus Coral Springs, arbeitet aber bei der CIA in Moskau. Wir sehen uns nicht sehr oft, dann umso gründlicher – alles klar!“

Zoey war viel zugeknöpfter, was das betraf, aber an ihrer heterosexuellen Ausrichtung bestand kein Zweifel – sie überging es ganz einfach. Sie widmete sich in Jacksonville dem Aufbau von Kontakten zur lokalen Bürgerschaft, wie sie das in Washington getan hatte. Ihr Ehepartner zählte (anders als in der Hauptstadt, wo er ein kleines Rädchen gewesen war) zu den Honoratioren der Gemeinde. Cosimo war nur am Rande interessiert und machte lediglich gute Miene zum bösen Spiel, weil ihm gar nichts anderes übrig blieb. Er gehörte ja in dem kleinen Ort zu den Standespersonen.

Was das Verhältnis zwischen Dena und seiner Frau betraf, war sein Standpunkt durchaus ambivalent, je nachdem er sich anderweitig auf Kriegspfad befand. Hatte er ein heißes Eisen im Feuer, konnte er seine „Mutti“ ohnehin nicht gebrauchen, und dann war ihm die Beziehung der Beiden sehr recht. Es kam aber auch vor, dass bei ihm eine gewisse Ebbe herrschte, und dann griff er auf seine „Lady“ zurück. Zoey war immer wieder bemüht, diese Lückenbüßerfunktion für Zingarelli auszuüben, nur um ihn nicht endgültig zu verlieren.

Was sie nicht wusste, war die Tatsache, dass für ihn Scheidung keinesfalls in Frage kam – hier schlug sich seine katholische Erziehung nieder. Wenn er sich ansonsten um die kirchlichen Gesetze wenig scherte und nur zu den hohen Feiertagen eine Kirche aufsuchte, war eine Trennung für ihn ausgeschlossen. Genauso für Zoey – eine „tiefschwarze“ Ausbildung (mehr noch als bei Cosimo) hatte dafür gesorgt, aber sie gestanden einander das nie ein.

Zingarelli war äußerst charmant, und er spielte diese Eigenschaft auch beinhart aus. Er entbrannte rasch für einen bestimmten Frauentyp, in seinem Fall, wie konnte es anders sein, die blonde Fraktion! Da nahm er sich einmal dümmliche, einfältige weibliche Personen und ein anderes Mal eine vornehme Damen – Hauptsache die Haarfarbe stimmte.

Manche würden es rundweg als primitiv bezeichnen, was hier ablief – aber so einfach wollen wir uns die Sache nicht machen. Kam hier nicht ein urtümliches Gefühl aus grauer Vorzeit zum Ausdruck, und das schlug schlechterdings fallweise sämtliche Bedenken in den Wind. Einerlei – seine Eheliebste war natürlich auch golden schimmernd (wie könnte es anders sein). Die Haarfarbe war allerdings das einzig Sensationelle an ihr – sonst hatte sie einen eher durchschnittlichen Körper.

Zoey gab sich selbst auf in ihrem ständigen Bemühen, es ihm Recht zu machen und ihm gefügig zu sein, wann immer es Cosimo genehm war. Sie lief aber im vollen Bewusstsein in ihr Verhängnis, genüsslich, willkürlich, unvermeidlich und geradezu demonstrativ. Sie wollte ihn betontermaßen ins Unrecht setzen – aber da kam sie bei ihm in die falsche Gasse. Er war nämlich, außer im Dienst, völlig amoralisch und ließ sich nur von seinen Instinkten leiten.

Dena beobachtete das zwischen Mathewson und Zingarelli stattfindende Kammerspiel mit großen Augen. Das war sie in keiner Weise gewöhnt…

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Dena Smith war geradezu süchtig auf neue Abenteuer mit „Marilyn 2“. Sie konzentrierte sich zunehmend auf „Dame lockt mit schönen Online-Fotos, auf denen sie oft leicht bekleidet zu sehen ist“. Dabei wählte sie den Extremfall: sie war gleich von vornherein völlig hüllenlos!

So nackt, weckte sie natürlich unter allen Umständen die Begehrlichkeit des Publikums. Das wäre ja nicht weiter verwerflich in einer Zeit, die von Freizügigkeiten, Frivolitäten, Gewagtheiten und Offenherzigkeiten überlief – was bedeutet ein unbedeckter Körper, ob Frau, ob Mann, schon heutzutage? Eine aufrechte Haltung, auch in entblößtem Zustand, bewirkt Wunder! Drücke die Schultern zurück, deine Brust raus und richte dich auf – als ob du deinen Kopf an einem unsichtbaren Faden nach oben ziehen würdest.

Es ging vielmehr darum, die einschlägigen Darknet-Verbindungen herauszufordern, ihren Müll abzuladen. Und da kam allerlei zutage!

Einer tat sich besonders hervor – er hatte nicht umsonst seine Tarnung aufgegeben: Er beschimpfte Dena-Marilyn auf das Unflätigste, beschuldigte sie ohne den geringsten Anlass der Prostitution, sagte, er würde es „der Hure“ schon zeigen, malte sich aus, welche Torturen er ihr applizieren würde. Bondage, das Fesseln zur Steigerung der geschlechtlichen Erregung, war angesagt, aber ohne Escape, dem Entflieh-Code, wenn es zu arg zuging.

An der Stelle setzte die Smith einen Punkt – sie forschte mit Hilfe des allgemeinen FBI-Computers und der EDV-Spezialisten dortselbst mühelos den Uniform Resource Locator, also den Einheitlichen Ressourcenanzeiger, aus. Von da war es ein Leichtes, den Betreffenden in die örtliche FBI-Dienststelle (wo immer sich das abspielte) vorzuladen und über seine Motive auszuquetschen.

Die in Frage Stehenden machten sich gar keinen Begriff, wie rasch das ging, und dass sie keineswegs anonym waren. Sie bewegten sich durchaus nicht inkognito, ein Pseudonym hatte beileibe nicht die Bedeutung, die man ihm zuschrieb. Lag ein verfolgbares Vergehen vor, wurde die Meldung an eine zuständige Behörde erstattet.

Damit nicht genug: Dena-Marilyn hatte sich ein spezielles „Programm“ (so nannte sie das) für ganz abgefahrene Connaisseure ausgedacht. In der Fiktion überzog sie ihren Körper vollständig mit Goldfarbe, sodass in kürzester Zeit der Exitus durch Unterbrechung der Hautatmung eintreten würde. Und weiter in der Fiktion: Hier galt es, den schmalen Grat festzustellen, der von Leben zum Tod führte, will sagen, dass das Mitleid zum Tragen kam oder dass der Delinquent erbarmungslos zusah, bis zum bitteren Ende. Der Rest: siehe oben – die Mühlen der Gerechtigkeit begannen zu mahlen.

Die Smith sagte immer zu Sadie Rodriguez, wenn sie diese sah: „Wenn ich daran denke, was Du mir erzählt hast, über plumpe Männerfinger, dann habe ich einen richtigen Hass!“ Und Sadie pflegte daraufhin eisern schweigen – sie hasste die Männer nicht, sie waren ihr nur zu ungeschickt.

28

Dena und Sadie hatten schon geraume Zeit nichts voneinander gehört. Sie waren übereingekommen, dass es ihnen nichts brachte, sich fernmündlich oder via Skype anzuschmachten – was machte das für einen Sinn. Nur in Notfällen sollte diese Regel außer Kraft gesetzt werden.

Und so ein Notfall ergab sich, weil die Rodriguez es nicht länger aushielt. Sie sagte kurz angebunden: „Können wir uns ehebaldigst treffen?“

Die Beiden hatten bei ihrem ersten Zusammentreffen vereinbart, sich an einem neutralen Ort zu verabreden. Wenn sie nicht sozusagen hochoffiziell in Florida oder Moskau zusammenkamen, hatten sie Wien und als genauen Treffpunkt das Bellevue-Hotel im neunten Wiener Gemeindebezirk in der Althanstraße gewählt – eine spontane Entscheidung. Wenn eine rief, kam die andere innerhalb 48 Stunden angerauscht, wenn sie nur abkömmlich war.

Sadie Rodriguez fuhr sofort – ihrem Chef sagte sie schroff, dass sie „im Ausland“ zu tun habe. Anthony Brown machte keinen Mucks.

Und da war auch schon die Smith, keine 24 Stunden später. Die Beiden fielen als erstes übereinander her, ohne viel Aufheben – damit war das Wesentliche erledigt! Und sie fielen in einen tiefen, erfrischenden Schlaf. Als Sadie und Dena erwachten, beschlich sie zum ersten Mal der Gedanke, dass sie sonst keine gemeinsamen Interessen hätten, außer dieser einen Sache.

Sie gingen auf der Rossauer Lände, direkt am Wasser, joggen – dabei fiel Sadie immer ein, wie Dena nackt aussah (alimentiert durch ein entsprechendes Bild, das ihr die Freundin geschickt hatte), und sie waren schon wieder unterwegs nach Hause, um Liebe zu machen.

Sie gingen in das Café Weimar in der Währinger Strasse und genossen dessen gastronomische Angebote, darunter den „Wiener Suppentopf“ (Viennese Soup Pot), auf den die Smith ganz scharf war, nachdem sie davon probiert hatte. Mitten unter dem Bissen fiel Dena ein, was sich unter dem Antlitz von Sadie für ein toller Körper verbarg, abgesehen von der Physiognomie, die ein durchschnittliches Allerweltsgesicht zeigte.

Dabei gab sich die Smith der Illusion hin, dass auch das Angesicht der Rodriguez Zeichen einer Verwandlung erkennen ließen, die sonst keiner sah – einerlei, sei dem wie dem sei. Die Beiden trieben es schon wieder…

Gelegentlich (viel Zeit blieb ja nicht) führte ihr Weg sie ins Burgkino, wo man ihnen gesagt hatte, dass es Filme in der Originalfassung spielte. Dort sahen eine Reprise von „From Dusk Till Dawn“, ein Movie von Robert Rodriguez – Hauptdarsteller waren George Clooney in der Rolle des Seth Gecko, Quentin Tarantino (Richard Gecko), Harvey Keitel (Jacob Fuller), Juliette Lewis (Kate Fuller) und die großartige Salma Hayek als Santanico Pandemonium.

Beim ersten Auftreten Salmas wurden die Beiden zusehends unruhig – das Ziehen in den unteren Regionen schaukelte sich zur unermesslichen Flut auf. Sadie und Dena hatten Sex dort mitten in dem glücklicherweise halbleeren Saal. Sie besorgten es sich wechselseitig ohne auf das andere Publikum, das gottlob durch die aufreizenden Darbietungen auf der Leinwand abgelenkt war.

Am nächsten Tag kam der Abschied, unvermeidlich, unaufhaltbar und unabänderlich! Sie wollten etwas dagegen unternehmen – nur wussten sie nicht was…

(under construction)