Kapitel 2
BLUT
Kapitel 2 – Vers 1
Erinnern Sie sich noch an die liebe Waldi, die wir dort zurückgelassen haben, wo sie psychisch ziemlich derangiert aus Amerika zurückkehrte und sich in ambulante Behandlung begeben musste? Was sie nicht daran hinderte, die Matura mit bravourösem Erfolg zu bestehen. Der Vater entließ sie mit einem großzügigen Legat in die Unabhängigkeit, wenn sie nur ehebaldigst verschwände, die Mutter hatte da nichts zu sagen. Waldi nahm sich ein Zimmer in Wien-Alsergrund, nahe dem Allgemeinen Krankenhaus.
Die ärztliche Personal der Psychiatrischen Klinik riss sich, jedenfalls was die männlichen Mitglieder betraf, geradezu um einzeltherapeutische Sitzungen mit ihr – war doch ganz was anderes, ein junges Mädchen auf der Couch zu haben als … na ja. Und inhaltlich konnte man den Fall seitens der Profis als Routineübung ansehen: Ein klassisches Borderline-Syndrom mit deutlichem „Schwarz-Weiß-Denken” und analog dazu Muster von wechselnder Idealisierung und Entwertung der Mitmenschen, aber auch der eigenen Person, wobei das Selbstbild kurzfristig zwischen Minderwertigkeitsgefühlen und Omnipotenz-Phantasien schwankte. Daneben beobachtete man als typisches Symptom magische Denkschemata, die aber als pseudopsychotisch eingestuft werden konnten, da sie von der Patientin als nicht von außen kommend, sondern als Teil ihres Selbst erlebt wurde.
Ich selbst lernte Waldi genau zu diesem Zeitpunkt kennen und war deshalb mit einer ganz alltäglichen Komponente ihres Krankheitsbildes konfrontiert – mit ihrer Schwierigkeit, Nähe und Distanz zu regulieren. Angst vor zu viel Intimität veranlasste sie dazu, ihr Gegenüber mittels verbaler Kränkungen von sich wegzuschieben, während sie auf der anderen Seite aus Angst vor dem Alleinsein die attraktivsten Lockangebote unterbreitete. Für mich wurde daraus ein Wechselbad der Gefühle.
Wenn Waldi sich zum Beispiel provokant vor mich hinstellte, vorsorglich schon halb ausgezogen, und mit einer so gar nicht zu dieser eher kleinen Person passenden tiefen Stimme lockte „Fick mich, komm, fick mich, so fest du kannst!” – glauben Sie’s mir oder nicht, da rührte sich bei mir gar nichts, was natürlich meinem Selbstbewusstsein ziemlich abträglich war, noch dazu, weil die Gute in solchen Situationen üblicherweise gleich mit ihrem Psychoscheiß loslegte und ein gutes Dutzend Möglichkeiten für meine momentane erektile Dysfunktion anführte. Und jede davon machte mich gleich wütend.
Wenn ich aber anderntags affengeil war – im Klartext: einen Ständer hatte, dass man einen Hut daran aufhängen konnte – und mich auf die Kleine stürzen wollte, zickte sie herum mit „Du-hu, mir ist jetzt ni-hicht danach!” und „Du weißt ja…” (wobei mir nicht recht klar war, was ich da wissen sollte) und „Ich habe dir gegenüber ein schlechtes Gewissen wegen unlängst!”. Statt darauf keine Rücksicht zu nehmen und sie einfach zu penetrieren, ließ ich vornehm von ihr ab und riskierte damit, dass mein Ego schon wieder in sich zusammenfiel.
Bei all dem war es kaum hilfreich, dass Waldi mir zu meinem nicht geringen Missvergnügen von Professor Marenkovic erzählte, der kraft seiner Autorität innerhalb des Instituts das Rennen um ihre Behandlung gemacht hatte – wie sie aufmerksam seine Fragen und Kommentare sowie seine Gesten durchleuchtete, wie sie ihrerseits schon bald ihn zu analysieren trachtete und wie er ihr, da sie sich seinen Fachjargon rasch und geläufig angeeignet hatte, unerwartet tölpelhaft auf den Leim ging.
Kurzum, er ließ sich durch ihr echtes oder vorgetäuschtes Bedürfnis nach körperlicher Zuwendung zum Missbrauch seiner Stellung hinreißen, oder einfacher ausgedrückt: Die beiden landeten in einem Hotel in der Vorstadt (konkret in Wien-Ottakring), wo niemand fragte, wer und für wie lange da jemand ohne Gepäck eincheckte, und wohin der Professor schon öfter eine Kollegin oder eine Krankenschwester abgeschleppt hatte – bis dato allerdings noch nie eine Schutzbefohlene, denn der diesbezügliche Strafrahmen von bis zu fünf Jahren Gefängnis war ihm bewusst.
Was also reizte diesen wuchtigen Mann, sich über das eher zarte Wesen herzumachen?
Na was wohl, liebe Leute? Ihr seid mir doch naiv! Aber vielleicht lohnte es sich ja in diesem Fall tatsächliche, diese immer gleiche und immer gleich zu beantwortende Frage später doch noch etwas zu vertiefen. Vorerst jedoch sollten wir unser Interesse vornehmlich darauf konzentrieren, was Marenkovic dazu bewogen hat, sämtliche Bedenken, die er allenfalls haben mochte, in den Wind zu schlagen. Und da war vor allem die Überzeugung, dass ihm – selbst wenn die Sache ruchbar werden sollte – nicht das Geringste passieren würde: Sein Wort stand gegen das der Kleinen, und seine Beziehungen überragten die ihren haushoch, mit all den Politikern, die er als Patienten betreute und denen seine Diskretion nur dann sicher war, wenn sie ihn umgekehrt uneingeschränkt beschützten.
Mehr noch – er konnte hoffen, seine Affäre mit Waldi von einer höheren Warte her betrachtet immer fest im Griff zu haben, denn abgesehen von der trivialen Ebene, auf der er sich an ihr gütlich tat, gab es ja die wechselseitigen Analysebestrebungen – seine professionellen und ihre dilettantischen –, die bereits eine solche bipolare Abhängigkeit erzeugt hatten, dass eine Hereinnahme Außenstehender durch einen der beiden höchst unwahrscheinlich erschien.
Und eins noch – auf ihre Art liebte Waldi den „Dicken Pappi”, wie sie ihn zärtlich nannte, und sie nahm ihn auch ein wenig aus, finanziell, meine ich: Für die therapeutischen Sitzungen zahlte sie mittlerweile nichts, und das eine oder andere glitzernde Präsent war auch drin. Mit seinen komplizierten und vielschichtigen Einnahmequellen war es Marenkovic ein Leichtes, derlei Aufwendungen an seiner Frau vorbeizujonglieren. So glaubte er jedenfalls…
Cora hieß seine Angetraute, und es mag Sie jetzt überraschen, dass es sich bei ihr um die geheimnisvolle Madame X handelte – einst Phantom meiner Sehnsucht, Aktmodell für Pjotr Perwonatschaljnow und als solches das Objekt der urplötzlich erwachten Begierde eben jenes Marenkovic, in dessen Privatordination sie Arzthelferin gewesen war. Sie hatte, so viel sei nachgeholt, ihren Deal mit dem Professor gemacht, den man nachgerade nicht als den Mann ihrer Träume bezeichnen konnte, aber im Tausch gegen eine höchst legale Beziehung und einen exzellenten Ehevertrag zu ihren Gunsten begab sie sich – wie soll man das jetzt ausdrücken – in seinen Besitz.
In aller Klarheit, denn sein ausschließlich physisches Interesse an ihr bewahrte Cora davor, jemals von ihm therapiert zu werden. Sie selbst beobachtete ohne großes Aufsehen jeden seiner Schritte – die persönlichen Kontakte zur Klinik nützend und die Paragrafen des Pactum Matrimonii stets vor Augen –, und als da eine neue Spielgefährtin namens Waldi auftauchte, suchte sie das Gespräch mit dieser: machte ihr klar, dass es ihr prinzipiell ohnehin angenehm war, wenn ihr Mann sich das, was er brauchte, nicht bei ihr holte, aber das Leck in den Marenkovic’schen Finanzen dürfe im Gegenzug nicht allzu groß werden.
Die beiden Frauen wurden im Lauf der Zeit gute Freundinnen, ohne dass der Professor auch nur irgendetwas davon merkte (was mich übrigens sehr an seiner wissenschaftlichen Qualifikation zweifeln lässt, aber das ist wohl eine andere Geschichte). Der Altersunterschied der beiden war so enorm nicht, und dass es zwischen ihnen unüberwindliche Hindernisse an Veranlagung oder Herkunft gab, konnte man auch nicht gerade behaupten. Waldi, die Psychologin, ging der Sache auf den Grund: „Es ist nicht schwierig für Frauen, gutes Geld zu verdienen. Entweder sie sind nach landläufigen Maßstäben sehr schön – wie Du, Cora! –, dann können sie daraus geradewegs Kapital schlagen, oder sie sind von der Sorte „außergewöhnlicher Typ” – wie ich! –, dann funktioniert das zwar auch, aber nur mittels einer gewissen Schamlosigkeit.”
Als Waldi sah, dass Cora ein wenig ratlos war, präzisierte sie ihre Aussage: „Eine Frau wie du – blond, 1-90 groß, 100/70/95 (schätze ich jedenfalls) – braucht den Kerlen bloß einen Finger reichen, während sie von jemandem wie mir – brünett, 1-65, 60/55/65 – die ganze Hand verlangen!”
„Heißt jetzt was – ?”
„Naja, nehmen wir deinen Alten: Wenn du ihn freundlich anlächelst (anstatt ihm wie gewöhnlich Vorwürfe wegen seiner Flatterhaftigkeit zu machen), ist er bereits überglücklich und schleppt dich wahrscheinlich gleich in einen Modesalon oder einen Juwelierladen, um dir was Schönes zu kaufen. Mich hingegen mustert er gelangweilt (denn er weiß genau, dass ich nach Anerkennung giere), und um mich quasi bemerkbar zu machen, muss ich ihm einen blasen, verstehst du? Denn nur, wenn ich sehr gut bin und ihn zu einem wohligen Grunzen bringe, bekomme ich vielleicht ein winziges Geschenk – ich will damit nur sagen, was immer er aus eurer Familienkasse für mich abzweigt, habe ich mir redlich verdient!”
Apropos – bei Waldi lernte ich diese Cora Marenkovic, geborene Weinberger, doch noch persönlich kennen. Ich schneite zufällig bei meiner Freundin rein, als sie die Traumfrau zu Gast hatte, und wurde ziemlich unfreundlich empfangen: „Sie sind doch der, der mich morgens in der Straßenbahn angestarrt hat!”
Ich versuchte, ihr den Wind aus den Segeln zu nehmen, indem ich sie lässig darauf aufmerksam machte, dass sie da in eine Falle getappt war: „Hab’ bis heute gar nicht gewusst, dass Sie mich überhaupt bemerkt haben – aber danke, natürlich freue ich mich!” Und als sie mich recht ungnädig musterte, schlug ich ihr vor, Frieden zu schließen.
Da blitzten ihre Augen, und sie setzte ihr strahlendes Lächeln auf, wie sie es Pjotr geschenkt hatte: „Frieden kannst du bei mir keinen finden, mein Held! Aber wenn du den Fehdehandschuh aufnehmen möchtest, werden wir in einen ritterlichen Kampf eintreten…”
Kapitel 2 – Vers 2
Professor Marenkovic merkte vom neuen Abenteuer seiner Frau mit mir vorerst ebenso wenig wie von deren Freundschaft mit seiner momentan liebsten Patientin. Waldi, der es ein Leichtes gewesen wäre, ihn aufzuklären, hatte kein gesteigertes Interesse daran, das zu tun – ihre Beziehung zu Cora war davon nur am Rande betroffen, und den Verlust meiner Person schien sie offenbar mühelos zu verschmerzen: Jemand, mit dem sie ihr Nah-und-Fern-Yo-Yo spielen konnte, würde sich wohl finden lassen, denn das Reservoir an einschlägig orientierten Neurotikern war zweifellos genügend groß, namentlich an der Psychiatrischen Klinik, wo sie nach wie vor als Patientin, aber mittlerweile auch als angehende Medizinstudentin aus und ein ging.
Ein anderer – neuer – Schützling Marenkovics war Winfried Winkler. Dieser hatte, worüber er offen sprach, plötzlich Angst davor bekommen, Fabians und anderer wegen mit dem Gesetz in Konflikt zu geraten, und daher beschlossen, sich therapieren zu lassen – nicht seine gleichgeschlechtliche Veranlagung an sich wohlgemerkt, sondern seinen Hang zu Minderjährigen.
Marenkovic ließ es bei ihm ruhig angehen – der Populärheini, wie er den Sachbuchschreiber insgeheim nannte, war einer der dicken Fische, die an Land zu ziehen sich jeder Therapeut nur wünschen konnte: „Amerikanischer Typ” hieß so einer an der Klinik, und die Kriterien waren 1. viel Geld, um üppige Honorarnoten zu verkraften, und 2. ein eher diffuses Störungsbild, das eine praktisch uferlose Behandlung nur allzu leicht rechtfertigte.
Der Professor hatte sich bereits ein umfangreiches Konzept zurechtgelegt, das er in seiner Dokumentation von Schrift- und Tonaufzeichnungen mit der Chiffre „Ithaka” versah. Und bei der ersten Sitzung konfrontierte er Winfried gleich mit dem Gedicht gleichen Titels von Konstantinos Kavafis. Als glühender Griechenland-Fanatiker trug er die ersten drei Zeilen sogar in der Originalsprache vor:
Σα βγεις στον πηγαιμό για την Ιθάκη,
να εύχεσαι νάναι μακρύς ο δρόμος,
γεμάτος περιπέτειες, γεμάτος γνώσεις
Und dann (in Wiederholung der ersten drei Zeilen des Gedichts):
Brichst du auf gen Ithaka,
wünsch dir eine lange Fahrt,
voller Abenteuer und Erkenntnisse.
Die Lästrygonen und Zyklopen,
den zornigen Poseidon fürchte nicht,
solcherlei wirst du auf deiner Fahrt nie finden,
wenn dein Denken hochgespannt, wenn edle
Regung deinen Geist und Körper anrührt.
Den Lästrygonen und Zyklopen,
dem wütenden Poseidon wirst du nicht begegnen,
falls du sie nicht in deiner Seele mit dir trägst,
falls deine Seele sie nicht vor dir aufbaut.
Wünsch dir eine lange Fahrt.
Der Sommer Morgen möchten viele sein,
da du, mit welcher Freude und Zufriedenheit!
in nie zuvor gesehene Häfen einfährst;
halte ein bei Handelsplätzen der Phönizier
und erwirb die schönen Waren,
Perlmutt und Korallen, Bernstein, Ebenholz
und erregende Essenzen aller Art,
so reichlich du vermagst, erregende Essenzen;
besuche viele Städte in Ägypten,
damit du von den Eingeweihten lernst
und wieder lernst.
Immer halte Ithaka im Sinn.
Dort anzukommen, ist dir vorbestimmt.
Doch beeile nur nicht deine Reise.
Besser ist, sie dauere viele Jahre;
und alt geworden lege auf der Insel an,
reich an dem, was du auf deiner Fahrt gewannst,
und hoffe nicht, dass Ithaka dir Reichtum gäbe.
Ithaka gab dir die schöne Reise.
Du wärest ohne es nicht auf die Fahrt gegangen.
Nun hat es dir nicht mehr zu geben.
Auch wenn es sich dir ärmlich zeigt,
Ithaka betrog dich nicht.
So weise, wie du wurdest, und in solchem Maß erfahren,
wirst du ohnedies verstanden haben, was die Ithakas bedeuten.
Winfried Winkler lauschte dem Gedicht andächtig, mit einer süßen Sehnsucht im Herzen (schon wieder dieses poetische Organ!). Seinen Wunschtraum kann man am besten umschreiben mit „Ach, wär’s doch von mir!” – denn in jedem Sachbuchschreiber steckt natürlich in Wahrheit einer, der sich als Vertreter der belletristischen Branche sieht, sei es als bedeutender Romancier oder als berühmter Dramatiker oder eben als Lyriker von Rang.
Nach einer angemessenen Pause, um Kavafis Ehre zu erweisen (aber auch in dem Bewusstsein, dass sein ärztlicher Taxameter auch im Schweigen weiterlief) eröffnete Marenkovic die Diskussion. Er erging sich zunächst in Aussagen über die Person Kavafis’ und die Epoche, in der dieser gelebt hatte (1863 bis 1933, geboren und gestorben in Alexandria, dem vielleicht prominentesten Ort der griechischen Diaspora, dazwischen Aufenthalte in London, Liverpool, Konstantinopel, aber nur kurzzeitig in Athen), verlor hingegen über die Homosexualität des Dichters vorerst noch kein kein Wort.
Nun stieg auch Winfried noch kurz – seine erste Sitzung war bereits nahezu vorbei – in die Debatte ein und schlug von sich aus vor, sich das nächste Mal mit dem Motiv des Gedichts zu beschäftigen: Die Gestalt des Odysseus trat ja, ohne dass dieser genannt wurde, aus den Zeilen deutlich hervor. Desgleichen schien es lohnend, sich mit dem äußeren Aufbau und dem Rhythmus auseinanderzusetzen, ferner mit den sprachlichen Bildern, den syntaktischen Auffälligkeiten und ganz allgemein mit besonderen Formulierungen, die ganz spezifisch für dieses Werk waren. Dabei würde es sich kaum vermeiden lassen – „Mit ihrer Hilfe, Herr Professor!” –, auf das griechische Original zurückzugreifen. Marenkovic rieb sich imaginär die Hände. Das lief ja großartig – der Bursche schien geradezu ein Medium für einen geschickten Therapeuten wie ihn zu sein!
In einem der nächsten Meetings sprach der Professor das Schwulsein des Literaten an. Das hatte sich Winkler insgeheim längst gedacht – so balla-balla war er denn doch nicht, obwohl ihm zweifellos eine Spur von Naivität anhaftete. Schön langsam näherte man sich der Kernfrage. Gemächlich ging’s allemal voran, allein er konnte sich’s ja leisten. Pro Sitzung setzte es ein stattliches Honorar von 500 Euro, das ohnehin jenseits von Gut und Börse war. Marenkovic strotzte vor Zufriedenheit…
Kapitel 2 – Vers 3
Avec notre passé pour guide
on se devrait d’être lucide,
mais notre méfiance est à bout –
l’amour est bien plus fort que nous…
Man hat natürlich den Film gesehen, aber niemals wäre man auf die Idee gekommen, dass einem eine Geschichte wie „Un Homme et Une Femme” selbst passieren könne. Und doch: Alles schien mit einem Mal neu, und als Cora und ich gemeinsame Sache machten, hatten wir so gut wie vergessen, dass Waldi und Professor Marenkovic überhaupt existierten. So seltsam es klingt: Man konnte es Liebe auf den ersten Blick nennen, denn Madame X war mit einem Mal nicht länger ein bloßes Objekt für mich, nicht länger ein Bild, das ich betrachtete, um mich daran zu begeilen, sondern ein menschliches Wesen mit einem Namen, mit seiner wahren Identität und, nicht zu vergessen, mit der Wahrnehmung eines Duftes, die nur aus freiwillig gewährter Nähe entstehen durfte. Ich wiederum hatte für sie das Odium des billigen Voyeurs verloren, denn hinter meinen früheren unverschämten Blicken entstand für sie das Interesse einer vielschichtigen Persönlichkeit an ihr und ihrem ganzen Sein. Tatsächlich war die Vergangenheit mit ihrem zerstörerischen Argwohn überwunden durch etwas, das viel stärker war als wir…
When hearts are meant for caring
and lives are meant for sharing,
then we are joined by destiny –
for love is stronger far than we…
Eine Liebesgeschichte – wie passt die hierher? Wir verträgt sich die mit dem Standpunkt eines Agnostikers? Die einzige Entschuldigung, die es überhaupt dafür geben kann, ist ihre Realität in einer konkreten Zeit an einem konkreten Ort, eingespannt in Koordinaten, die so festgefügt sind, dass sie selbst hier – in einem fiktiven Gebilde – gelten müssen, jenseits aller intellektuellen Abschweifungen und der Phantasie entsprungenen Absurditäten.
In dieser Plain-Vanilla-Wirklichkeit spielte nicht einmal mehr jener Ehevertrag eine Rolle, den Cora bis zu diesem Augenblick immer nur zu ihren Gunsten ausgelegt hatte, nicht ahnend, dass sie selbst einmal die Betrügerin und nicht die Betrogene sein könnte. Nur kurz ließen sie solche materiellen Überlegungen zögern, obwohl sie wusste, dass umgekehrt nicht funktionieren würde, was sie mit dem Professor praktizierte – sich nämlich seine Extratouren im Wissen um deren Oberflächlichkeit und auf Basis seiner Angst vor einer kostspieligen Scheidung mit kostbaren Präsenten abgelten zu lassen. Er nämlich würde (wenn er denn hinter ihre erste und bisher einzige Untreue kam) wissen, dass diese nicht leichtfertig geschah, sondern eine radikale Abkehr von ihm bedeutete.
We tell ourselves another season,
we turn away and find the reason,
we close our eyes to what we see –
but love is stronger far than we…
Tatsächlich fand zwischen uns die von Cora angekündigte ritterliche Auseinandersetzung statt, der unsere mentalen und körperlichen Berührungspunkte mit Spannungselementen ganz eigener Art ergänzte: aber es war kein barbarisches Duell, sondern ein Wettbewerb in Sachen Stil oder, wenn Sie wollen, Klasse. Wir sprachen über Sartre, Coras Favoriten unter den Philosophen – zu meinem Glück hatte ich „L’être et le néant” längst gelesen und verstanden, dass wir nur Reflexion, das heißt, Bewusstsein von unserem Bewusstsein haben können, wenn es eine Struktur gibt, die als präreflexives Cogito bezeichnet wird, als nicht setzendes Bewusstsein. Wir diskutierten über Gorbatschow, und ich provozierte Cora damit, dass in der Beurteilung seines Wirkens meines Erachtens die Rehabilitierung von Nikolai Bucharin, Leo Trotzki (den er angeblich als „Held und Märtyrer” bezeichnete) und weiterer Oppositioneller aus der Zeit des Stalinismus wesentlicher sei als das Zulassen des Mauerfalls in Berlin.
Wir reisten zusammen zum Großen Barriereriff, nur um zu den berühmten Schiffswracks vor Fraser Island zu tauchen, und ich lernte dabei Coras physische Kapazität kennen, die (das gebe ich gerne zu) die meine nicht unwesentlich übertraf, und das lag nicht einfach daran, dass ich 15 Jahre älter war, sondern war die Folge vorwiegend vor dem Computer verbrachter Lebenszeit. Und wir wanderten durch das Hadjar-Gebirge im Oman, nur um einen Blick auf das Dorf Misfah Al-Ibriyeen mit seinem Palmenhain werfen zu können, wobei diesmal ich im Vorteil war, denn in diesen heißen Zonen fühle ich mich zuhause, ähnlich einer Eidechse, die erst bei hohen Temperaturen zum vollen Leben erwacht, während Cora es im allgemeinen lieber kühler hatte.
Sie spielte Klavier und trumpfte damit auf – bis zum Schwierigkeitsgrad des fünften Stücks aus den 13 Préludes opus 32 in f-Moll von Sergej Rachmaninov mit der Tempobezeichnung Allegro appassionato. Nun bin ich kein Musikkritiker und kann die Feinheiten einer solchen Darbietung nicht beurteilen, aber ich saß bewundernd da und mir war klar, dass ich dem jedenfalls kaum etwas entgegenzusetzen hatte. Wie um mir in dieser Schwäche zu helfen, betrachtete sie meine Bilder und bat mich, sie zu malen. Ich platzierte sie in festlicher Kleidung herrschaftlich auf einem Louis Seize-Sessel, womit ich gleichzeitig die Fotos von Perwonatschaljnow zu toppen suchte – mehr für die Ewigkeit, wie ich vorsichtig formulierte. Das Gemälde wurde in Rekordzeit fertig und gelang mir gut, womit ich wieder etwas an Terrain gutmachen konnte.
Wir überquerten zusammen schwimmend die Donau – das war ihr geheimer Wunsch, denn da fühlte sie sich zweifellos überlegen (aber sie wusste nicht, dass ich seinerzeit ihr Telefonat belauscht und ihre Gewaltübung danach selbst absolviert hatte – allerdings ohne die sexuelle Attraktion, die ihr dabei offenbar zuteil geworden war). Es war auch mein Wunsch – ebenfalls geheim, denn ich hütete mich, ihr zu verraten, dass ich wusste, ich konnte es schaffen (und mich daher fragte, ob sie das Risiko einging, mich absaufen zu sehen, oder ob es ihr vielleicht angelegen war, mich gegebenenfalls zu retten). Am anderen Ufer lagen wir erschöpft, bis dann Cora als erste so weit erholt war, um die Rückkehr zu wagen, und mich damit zwang zu folgen, obwohl ich noch ziemlich nach Luft rang. Drüben dann setzten wir die Kampfhandlungen vorübergehend aus und liebten uns im Gras. Eng aneinandergeschmiegt schliefen wir sodann, und die Nacht brach über uns herein.
When we are close, the world
is singin‘,
and when we touch,
the moonlight is wingin‘,
and there’s no way to disagree –
for love is stronger far than we…
Meine Geliebte besaß ja bekanntlich einen Hund – sehr zum Leidwesen ihres Mannes, nach dem das Vieh schon mehrfach geschnappt hatte, nicht so sehr, weil es sich selbst bedroht fühlte, sondern immer dann, wenn der Professor seiner Frau in irgendeiner Weise nähertrat. Mayyal war allerdings beileibe keine Bestie, sondern ein edler Azawakh, wie die Tuareg-Windhunde genannt werden – elegant im Gang, immer sehr geschmeidig, vor allem im Trab, vermittelte er den Eindruck von Leichtigkeit und Elastizität. Er besaß auch exakt die weiteren Merkmale seiner Rasse: schmal, feingliedrig, relativ hochbeinig im Verhältnis zur gesamten Körperlänge. Besonders auffallend aber war – ein Vermächtnis der kargen und von Wassermangel gekennzeichneten Lebensverhältnisse in seinem ursprünglichen Herkunftsgebiet –, dass sich Skelettstruktur und Muskulatur deutlich unter dem bis pergamentartigen Bindegewebe abzeichnete.
Aber ich komme viel zu sehr ins Schwärmen über diese Kreatur – fast schon so, als ob es sich um ein menschliches Wesen gehandelt hätte. Das Entscheidende war, dass es mir gelang, mich mit Mayyal anzufreunden, mittels vieler Informationen, die ich unter der Hand einholte, und nicht zuletzt viel praktischer Geduld. Als Cora das erste Mal bemerkte, wie der Hund seinen Kopf auf mein Knie legte und sich von mir kraulen ließ, musste sie erkennen, dass es sich hier um echte Zuneigung handelte (ganz wie ihr selbst gegenüber), denn bestechlich war dieses vornehme Geschöpf gewiss nicht. Sie räumte ein, dass ich in unserem Turnier erstmals nach Punkten führte.
Aus dieser Position heraus begann ich jetzt sogar damit, sie etwas härter anzufassen als bisher, und das schadete mir nicht – eher im Gegenteil. Wenn die Vollkommenheit einer Verbindung je darin bestünde, dass beide Partner gegeneinander völlig offen sein können in ihren Wünschen und Hoffnungen und nicht nur dort, wo die Alltagstrivialität ihren Tribut fordert, dann war das mit Cora und mir gegeben. Zwar ahnte ich, dass sie manchmal daran dachte, in die unbefriedigende Beziehung mit Marenkovic zurückzukehren, da auch ich bisweilen mit dem Gedanken spielte, die Frustrationsstory mit Waldi wiederaufzunehmen, aber wir folgten beide nicht diesem seltsamen Drang zum Unglücklichsein, der lediglich daraus resultiert, dass man das Risiko erkennt, das Glanz und Glorie innewohnt und darob lieber in die Sicherheit des nicht mehr zu unterbietenden Verhängnisses flüchtet.
Yes, we may say another season,
may say goodbye and find the reason,
but love decides how things must be –
for love is stronger far than we …
Wir hörten auf, darüber zu spekulieren, was wohl in 20 Jahren sein würde…
Kapitel 2 – Vers 4
Hamish erwachte. Er hatte viel Blut verloren und war demensprechend schwach. Mit letzter Kraft erwischte er sein Mobile Phone und wählte 999. Dann krächzte er hinein. Und wurde sofort wieder ohnmächtig.
Die Leitung stand noch. Nach komplizierten Recherchen wurden Detective Chief Inspector Urquhart und Detective Sergeant MacAlister in Bewegung gesetzt, die sich sofort an den mutmaßlichen Ort des Geschehens aufmachten, was gar nicht einfach war. Denn es galt, die einzelnen Häuser abzufahren, ohne Aufsehen zu erregen, und trotzdem die Augen offenzuhalten. Man beobachtete sie hinter den diversen Vorhängen sehr genau, was auch den entscheidenden Hinweis ergab: Das einzige Fenster, das leer blieb, war die Zieldestination!
Mit gezogener Pistole pirschten sich DCI Urquhart und DS MacAlister heran und dann sahen sie die Bescherung: eine Menge ungustiöser Partikel, so konnte man nur nennen – die Taliban hatten ganze Arbeit geleistet. Dabei deutete vorerst noch nichts auf die Teilnahme dieser Kampfeinheit hin.
Nachdem sich der Detective Chief Inspector und der Detective Sergeant überzeugt hatten, dass bei den beiden Älteren jede Hilfe zu spät kam, stürzten sie sich auf das jüngere Modell – auf Hamish Carmichael. „Eine Beziehungstat offensichtlich.“ ließ der Sergeant hören, und der Chief Inspector nickte beiläufig dazu. Die beiden Herren waren ganz offensichtlich nicht von hellsten Sorte. Die Routine behördlicher Ermittlungstätigkeit konnten sie immerhin abspulen, wobei sie sich absolut Zeit ließen. Bei all dem fragten sie sich nicht, wo eigentlich die Waffe (so es überhaupt eine gab) geblieben war.
Und sie bestellten endlich einen Krankenwagen für den armen Hamish. Der Notarzt, kopfschüttelnd über die large Art und Weise, wie mit einem Patienten verfahren wurde, sagte nichts – er sorgte dafür, dass Carmichael ins Priory Hospital in Glasgow, 38-40 Mansionhouse Road, eingeliefert wurde, wo man sich umgehend um ihn kümmerte. Die Toten konnten warten, bis der sogenannte „Procurator Fiscal“, dessen Aufgabe es war, sich die verdächtigen Todesfälle anzuschauen, tätig werden konnte.
Wieder zurück bei DCI Urquhart und DS MacAlister. Der Sergeant wollte sich nicht trennen von seiner Idee mit der Beziehungstat, schmückte das aus mit der Story, dass Hamish seine Verwandten umgebracht hatte, weil er die Erbschaft gar nicht mehr erwarten konnte. Eine klare Angelegenheit. MacAlister sonnte sich geradezu wohlig im Glanz seiner Erkenntnisse. Und sein Vorgesetzter nickte abermals beiläufig dazu.
Und dann machten sie sich auf, um in den einzelnen Gehöften nach Augenzeugen zu suchen – und siehe da, verschwunden waren alle die Gaffer. Herausgeläutet, waren sie durch die Bank ahnungslos. Keiner wollte etwas beobachtet haben, nicht das Geringste, Chief Inspector! Wir wissen nichts, Sergeant!
Bis dann Hamish einvernommen werden konnte: Er behauptete glaubhaft, nicht er habe von seinen Verwandten gelebt, sondern es sei genau umgekehrt gelaufen – er habe die Angehörigen unterstützt, die außer dem weitläufigen Besitz nichts besaßen (von diesem konnten sie mangels sonstiger Einkünfte nicht leben). Und diese Unterstützung sei großzügig gewesen, nicht die üblichen Peanuts – er habe sich dabei nicht lumpen lassen, er verdiente ja das Geld haufenweise, als BBC-Journalist, und auch sonst irgendwie: zum Beispiel hatte er eine Reihe von Publikationen veröffentlicht, für die er die Urheberrechte ganz allein hatte.
So eine Pleite, damn it! Der Seargent ließ sich allerdings seine Theorie von der Beziehungstat so leicht nicht madig machen. Wenn man die Effekte änderte, musste man bloß die Voraussetzungen ändern – so einfach war das!
Dem Chief Inspector, der bis dato wohlwollend genickt hatte, ging’s offenbar eine Spur zu weit. Er brummte etwas in seinen nicht vorhandenen Bart, was einem „That’s bullshit, baby!“ nicht unähnlich war. Das hören und zurückstecken, war für den DS eins. Womit sie aber wieder am Nullpunkt anfingen…
Die Klima zwischen ihnen hatte neben ihrem offiziellen Teil (in dem Hierarchie relativ klar war) auch einen inoffiziellen, insofern nämlich Urquhart ein glühender Anhänger der Krone war, während MacAlister der schottischen Separatistenbewegung zuneigte, die immer stärkeren Zuspruch hatte. Verschämt, aber doch regte sich in dem Untergebenen ein Widerspruch, der nicht eben zuträglich für ihre Arbeit war. Ein unlösbares Dilemma fürwahr, zumindest fürs erste.
Die dunkleren Seiten in Hamishs Gemüt blieben dem Chief Inspector als auch dem Seargent verborgen – zu gut hatte sie Carmichael versteckt, und man konnte sie auf den ersten Blick nicht erkennen. Der Gute war mehr und weniger sexsüchtig – Satyriasis hieß das wohl beim Mann, was man bei einer Frau als Nymphomanie bezeichnet hätte.
Bei der Entstehung von Sexsucht muss von einem Zusammenspiel verschiedener Faktoren ausgegangen werden. An erster Stelle werden familiäre Faktoren ausgemacht. Viele Betroffene wurden als Kinder Opfer emotionalen, sexuellen oder körperlichen Missbrauchs. Als Folgen treten häufig starke Schamgefühle, Selbstwertprobleme und Gefühle von Unvollständigkeit auf. Die Störung kann in diesem Zusammenhang einen Versuch darstellen, diese Probleme zumindest kurzfristig abzuwehren und die früher vermisste Zuwendung zu erfahren. Einige Delinquenten hatten auch schon in früher Kindheit überwältigende intensive geschlechtliche Erlebnisse. Diese Anfangserfahrung wird immer wieder gesucht, um Unangenehmes zu verdrängen. Die anfängliche Intensität wird aber nicht mehr erreicht, so dass es zu Wiederholungen und Dosissteigerungen kommt. Die Entwicklung der sexuellen Abhängigkeit verläuft in mehreren typischen Stufen, die gekennzeichnet sind durch zunehmendes triebhaftes Fantasieren und Handeln.
Wo, wenn nicht in Great Britain, taten es die Leute als Spleen ab. Er arbeitete sich in der BBC zum Star hoch – mit dem Effekt, dass zuletzt er die Themen maßgeblich bestimmte. Die übrigen Mitarbeiter fraßen ihm sozusagen aus der Hand, und es gab keine Widerrede. Sein Gesetz war – zumindest vorerst – die Bibel. Zurückführen war das vor allen Dingen auf seinen hohen Intelligenz-Quotienten von 170, der es für andere so schwierig gestaltete, hier mitzuhalten. Er machte es für die anderen auch nicht eben leicht und stellte hohe Anforderungen an sie.
Kapitel 2 – Vers 5
Fenella Drummond hatte es sehr eilig: Sie stieg in den Flieger, der nach Heathrow unterwegs war. Danach ging’s weiter: umsteigen Richtung Athen und am nächsten Tag (wobei sie sich nicht einmal ein Zimmer nahm, lungerte einfach so am Athener Flughafen herum) nach Rhodos, wo sie am International Airport Diagoras ankam – und nicht ahnte, dass es sich dabei um ein wirkliches ΠαΡαδείσι gehandelt hatte, bevor dort ein nagelneuer Flughafen errichtet wurde. Kerosin herrschte statt paradiesischen Düften vor.
Den Weg vom Airport in die Hauptstadt legte sie mit dem Taxi zurück, bei gutem Wind benötigte man nicht mehr als eine halbe Stunde. Aufgehalten wurde man allenfalls in Ialysos, einer aufstrebenden Gemeinde, in der besonders im Sommer ein betriebsames Leben herrschte. Und dann nach Überwindung eines relativ steilen Berges, des Monte Smith, die Stadt Rhodos…
Fenella hatte ein kleines Hotel ausgesucht, das unweit der Akti Kanari, der nördlichen Einfallsstraße der Insel lag. Die Adresse des Aglaia war Apolloniou Amerikis 35, und sie war überrascht, mit welcher Liebe sie hier empfangen wurde. Pamela Salvaris war rührend um sie bemüht und las ihr jeden Wunsch von den Augen ab. Sicher trug dazu auch das angenehme Äußere des Gastes bei.
Stets in Panik um einen möglichen Ausweg, entdeckte Fenella einen Seiteneingang, der in die Aristotelis-Valaoriti-Street mündete. Größtmögliche Sicherheit – das war ihr Bestreben, insbesondere nach ihren Erfahrungen, die sie mit den Taliban gemacht hatte. Ihrem Bruder zu Hilfe zu eilen, war für sie schlechthin unmöglich – wenn sie annahm, dass er schon in die ewigen Jagdgründe eingegangen war, wünschte sie ihm alles Glück der Welt, andernfalls wäre er noch immer gefoltert worden. Fenella hatte nichts anderes im Sinn als sich selbst zu retten.
Dabei hatte sie richtig Spaß, was keinen Widerspruch bedeutete, bei alledem was sie schon erlebt hatte. Sie nahm sich einen Leihwagen, vergaß aber nicht im Kofferraum, was sie für Notfälle vorbereitet hatte. Und dann ging’s ab…
Nachdem sie sich bei dem Mann, der ihr den Wagen borgte, erkundigt hatte, und der ihr als lohnendes Ziel – und als Geheimtipp – Kalathos nannte, führte ihr erster Weg sie dorthin: an der Ostküste gelegen, ungefähr auf halber Strecke zwischen Rhodos und der Südspitze der Insel. Das einzige Hotel liegt in der Nähe der Strasse. Es stört definitiv nicht.
Und dann die Sensation: Anders als im Prospekt bot sich dem Betrachter der überwältigende und unmittelbare Anblick – ein einzigartiges weitläufiges Panorama…
Ihr war bis jetzt nicht klar geworden, was Freiheit bedeutete, diese scheue Pflanze zeigte sich nicht jedem. Dabei waren die Frauen hier nicht weniger unter Kuratel als in den arabischen Ländern, es ging nur um Äußerlichkeiten. Wenn sie davon hierorts ausgenommen war, dann war dies nur meiner vermeintlichen Herkunft als britische Staatsbürgerin zu verdanken – und auch nur im Sommer, wenn die Sitten etwas (manchmal sehr) aufgelockert waren.
Auch war ihr bewusst, dass die Tantiemen, die sie freundlicherweise von einem der Bücher Hamishs – und keines der Unbedeutenden – bezog, ihr die Sorgen um das weitere Leben abnahm: im Gegenteil, das Werk stellte sich als derartiger Bestseller heraus, das ihr zumindest in materieller Hinsicht nichts abging.
Wieder zurück in Rhodos lernte sie Panajotis kennen. Warum sie sich so ohne weiteres in seine Hände begab, ist für Außenstehende – bei der sonst angewendeten Vorsicht auch total unverständlich – und auch völlig unklar. Mag sein, dass das darauf zurückzuführen war, dass sie im Vollgefühl ihrer 35 Jahre gegenüber seinen 16 Jahren sorglos schien. Aber das war nicht die einzige Ursache. Sie war einfach verrückt nach ihm.
Wenn er sie so ansah, war es um sie geschehen. Ihre Brustwarzen verhärteten sich und drückten sich durch den dünnen Stoff ihrer Bluse hindurch. Wie zufällig streifte sie ihn immer wieder damit und durch die Reibung wuchs ihre Erregung nur noch mehr. Auch an ihm ging das nicht spurlos vorüber. Sein Atem wurde heftiger und sie spürte die warme Brise in ihrem Gesicht. Während der ganzen Zeit sahen wir uns tief in die Augen und sie versank immer mehr in einem Meer aus Begehren. Der Abstand zwischen ihnen verkleinerte sich merklich, als seine Hand von Fenellas Rücken zur Vorderseite gelangte. Wie ein Lufthauch berührten seine Fingerspitzen ihre Nippel durch den BH und verschafften ihr ungeheure Gefühle. Ihre Oberschenkel pressten sich automatisch aneinander und ihre Erregung zeichnete eine Linie, die von ihren Brustwarzen direkt zu der Scham führte.
Noch nie hatte sie ein Mann auf so gekonnte Art und Weise verwöhnt und ihr mit wenigen Berührungen solche Gefühle bereitet. Sie war Wachs in seinen Händen und das wusste er auch ganz genau. Er spielte mit ihrer Erregung, machte sie zu einer Marionette der Lust. Ihr Körper passte sich seinen Bewegungen an und verlangte nach seinen Händen. Auf seinem Gesicht breitete sich ein fast schon teuflisches Lächeln aus, als er das Körbchen ihres BHs herunter schob und ihre Busen mit seiner Hand bedeckte. Sie presste ihren Unterleib gegen ihn und ihr Becken kreiste um seine immer härter werdende Erregung.
Der Wunsch, in ihn hinein zu kriechen, wurde fast schon übermächtig und sie musste sie beherrschen, um nicht gleich über ihn herzufallen. Sein keuchender Atem verriet ihr, dass auch er so dachte und sie drückte ihre Finger in sein Sternum hinein, um ihrer Erregung ein Ventil zu geben. Durch die Reibung und die Massage wurde sie so heiß, dass sie ihre Lust herausschrie.
Aber er wollte noch mehr. Fenella hatte so was vorher noch nie gemacht, aber Panajotis brachte sie dazu sein Glied in den Mund zu nehmen. Sie schien nachzudenken, wie sie aus dieser misslichen Lage ‘rauskommen könnte. Doch sie schien auch zu begreifen, dass es keine Alternative gab. Er packte sie am Kopf und drückte sie ‘runter, bis er sie würgen hörte. Dann fing sie endlich an zu blasen. Er zog ihr Shirt komplett aus und wollte auch ihren Slip ausziehen… „Nein, nur blasen hast du gesagt.“ „Ja, aber ich werd‘ geiler wenn du nackt bist.“ Ohne ihre Antwort abzuwarten zog er die Pants mit einem Ruck runter. Ihre Pussy war glattrasiert. Sie schaute traurig zu ihm hoch. Er konnte an ihrem Gesicht sehen das sie das nicht schön fand, aber ihm war das egal.
Sie heulte wieder fast, fand das total widerlich und ekelerregend. Fühlte sich auch irgendwie benutzt und gedemütigt. Den Tränen schon nah! Er nahm sie in den Arm. „Beruhig dich!“
Kapitel 2 – Vers 6
Aber Waldi war nicht untätig gewesen. Sie besaß die Unbekümmertheit einer unkonventionellen Persönlichkeit, die sich einen Dreck um derartige Dinge, wie etwa Moral, kümmerte. Sie nützte neuerdings ihre Doppelstellung als Zwitter zwischen Patientin und Studentin, die sie mittlerweile auch geworden war, weidlich aus, um ihre Phantasien zu befriedigen.
Dabei ging sie folgendermaßen vor: Sie strich die Leidende hervor, um an die übrigen Kranken heranzukommen – insgeheim beobachtete sie sie als Profi. Da waren welche, die litten unter Demenz, ganz zu schweigen von Schizophrenie, von depressiven Episoden, Agoraphobie, posttraumatischen Belastungsstörungen, Kleptomanie, Störungen der Sexualpräferenz, Autismus und dem Tourette-Syndrom, um nur einige zu nennen. Allen gemeinsam war, dass sie nicht imstande schienen, den weißen Kittel der Studentin zu erkennen – und schon gar nicht, was sie darunter trug, nämlich einen Hauch von einem Tanga.
Bereitwillig – da musste sie nicht gebeten werden – stellte sie ihre Dienste zur Verfügung. Wenn nur jemand (ein Mann) eines ihrer mitgebrachten Kondome verwenden wollte, legte sie sich bedenkenlos mit ihm ins Bett. Wenn es allerdings um Frauen handelte, so machte sie es ohne den entsprechenden Schutz, obwohl da genauso viel Chance auf Ansteckung bestand. Es war ihr besonderer Kick!
Um die Mittagszeit – kurz bevor die Mahlzeiten verteilt wurden – kam die tägliche Visite vorbei. Dabei stellte sie sich im Hintergrund auf, um nicht aufzufallen. Das war ihr wichtig, denn sie wollte nicht den Anstrich einer Patientin verlieren. Dafür tat sie sich bei der anschließenden Besprechung hervor, wo Ärzte und Famulanten exklusiv ihre Erfahrungen austauschten. Dabei gab sie schon manchmal ihre „subkutanen Kenntnisse“ preis, was bei einer mehr oder weniger obszönen Persönlichkeit wie der ihren auch keine Rolle mehr spielte.
Die Mediziner hingen an ihren Lippen – allen voran Professor Marenkovic, dann der Oberarzt und die Ärzte, und zwar Männlein und Weiblein, und nicht zu vergessen die Famulantinnen und die Famulanten. Das hatte mit der üblichen Wissenschaft nicht mehr das Geringste zu tun. Hier ging es nur um das zwar unausgesprochene Appetenzverhalten, so Marenkovic seinem wissenschaftlichen Neu-Sprech – kurz um Sex. Die insgeheim prickelnden Vorstellungen (jede und jeder hatte ihre/seine persönlichen Präferenzen, die sie/er natürlich nicht jedem auf die Nase band) waren durchaus deftigerer Natur. Waldi stellte sich einfach auf den Standpunkt, es sei ihre ureigenste Sache, mit wem sie in die Falle ging – oder eben nicht.
In der Theorie war alles klar: Das Patriarchat lässt sich durch weibliche Leistung nicht aushebeln. Da kann es schon vorkommen, dass Männer einmal ins Hintertreffen geraten, aber nur kurzfristig – daraus ein Ende der ihrer Herrschaft abzuleiten, wäre verfehlt. Es geht um das richtige Auftreten, um das Beherrschen der gültigen Codes in Aussehen und Verhalten. Ein Habitus dieser Art wird weltweit mit Dominanz assoziiert. Frauen sprechen schneller und kürzer als Männer. Beides signalisiert, dass sie sich selbst weniger Raum zugestehen und von der Relevanz ihres Textes weniger überzeugt sind. All das wird oft als „Diplomatie“ schöngeredet, signalisiert letztlich aber Unterwerfung.
Auch ist man geneigt, in minderleistenden Buben „underachiever“ zu sehen, nicht Versager, während sie hochleistende Mädchen als „overachiever“ ansehen, die man für ihren Fleiß lobt, nicht für ihre Fähigkeiten. Jedenfalls wächst das Selbstvertrauen der Buben in der Adoleszenz, während jenes der Mädchen sinkt. Männer entwickeln jedoch auch echte Schwächen. So erkennen sie beispielsweise Gefühlsausdrücke in der menschlichen Mimik schlechter als Frauen. Besonders taub sind sie für traurige Frauengesichter. Selbstverständlich haben sie gute Gründe, weibliche Traurigkeit nicht zur Kenntnis zu nehmen.
Soweit die Theorie, wobei die Praxis ihr in diesem Fall durchaus ähnelte. Professor Marenkovic lud in zwangloser Atmosphäre, in einem piekfeinen Lokal, zu dem entscheidenden Gespräch über neu zu vergebene Assistentenstelle ein. Er machte zunächste höfliche Komplimente über ihre Frisur und über ihr Lächeln. Er sagte, er hätte noch nie so strahlend weiße Zähne gesehen. Das mutete ihr ganz seltsam an, sie wurde ein bisschen rot – obwohl das beileibe nicht ihre Art war. Das war ihr schon lange nicht mehr passiert, jedenfalls seit ihrem siebzehnten Lebensjahr nicht mehr.
Nach dem sehr guten Essen bestellte er sich einen Cognac, und sie trank lieber eine Tasse Kaffee. Er fragte sie, ob es sie störe, wenn er rauchte, sie verneinte und der Professor zündete sich einen Zigarillo an. Dann kam er endlich zum Punkt. Es hätten sich eine ganze Reihe von Kolleginnen/Kollegen für die vakante Stelle beworben und er hätte es nicht leicht gehabt, und dass sie die richtige Besetzung wäre und wenn nichts mehr dazwischen komme, könnte er vielleicht schon nächste Woche den Vertrag anbieten.
Sie freute sich total. Das ist der Job, von dem sie alle geträumt haben, und sie habe ihn! „Und jetzt“, sagte Marenkovic im gleichen freundlichen Tonfall, nachdem er an seinem Glas genippt hat, „jetzt möchte ich gerne, dass du dein Höschen ausziehst!” Ihre Gesichtszüge erstarrten, obwohl sie noch immer lächelte. Aber sie glaubte, sich grob verhört zu haben. Durch ihren Kopf rasten tausend Dinge. Machte er einen Scherz? Will er mich testen? So eine Aussage passte überhaupt nicht zu dem eleganten Herrn auf der anderen Seite des Tisches. Dies war ganz etwas anderes, als in trauter Zweisamkeit an einem mehr oder weniger intimen Ort…
Für einen Moment dachte sie daran, ihn zu ohrfeigen und zu gehen, aber was ist dann mit dem Job, den sie so gut wie sicher glaubte? Sie ist war kein Kind von Traurigkeit, aber das ging zu weit: das hatte nicht wirklich mit dem angestrebten Vertrag zu tun.
Einerlei: Sie sah sich unsicher um. Der nächste besetzte Tisch stand hinter der großen Zimmerpalme, niemand bemerkte sie. Sie raffte also ihr Kleid hoch bis über die Knie, greift darunter nach ihren Slip, hob den Po kurz an und streifte das Höschen ab. Für einen Moment tat der Professor gar nichts, für eine lange Sekunde starrten sie beide auf das schwarze Etwas, das an den Rändern mit etwas Spitze besetzt war, in ihrer Hand. Dann nahm er ihn, hob ihn unauffällig an seine Nase und schnupperte kurz daran, ehe er ihn in seiner Sakkotasche verschwinden ließ.
Der Ober kam an den Tisch und fragte, ob noch etwas gewünscht werde. Marenkovic verneinte und bat um die Rechnung. Der Ober wendete sich ab und war schon ein paar Schritte weg, als der Professor ihn nochmal zurückrief. „Entsorgen Sie das bitte für uns“, sagte er und warf ihm salopp ihr Höschen zu. Der Ober stand verdutzt vor uns. Er war ein großer, dünner Mann mit einer sehr hohen Stirn und einem dünnen Oberlippenbärtchen. Er trug eine schwarze Hose, ein weißes Hemd und eine dunkle Fliege. Und in der Hand ihren Slip. Er sah ihn an, dann Marenkovic, dann für einen schrecklich langen Moment sie, bevor er sich zu Gehen wendete.
Der Ober kam wieder zurück. Er trug ein kleines, silbernes Tablett vor sich her, auf der die Rechnung lag. Er stellte es vor den Professor ab. In seinem Blick lag ganz offensichtlich eine Frage, aber er sagte zum Glück nichts. Marenkovic zahlte. Dann machte er ihr die folgende lakonische Eröffnung: “Es tut mir leid, aber ich habe längst Dr. Doris Dubinsky die Zusage erteilt. Sie hat die älteren Ansprüche…”
Waldi fiel aus allen Wolken. Sie hatte den Job nicht!
Verglichen mit einer strahlenden Schönheit, wie Cora sie darstellte: repräsentativ in jeder Lebenslage bis auf den Sex, aber den sah man nicht. Aber die Dubinsky – wo war da die Gerechtigkeit. Mit der konnte sie ohne Weiteres Schritt halten, abgesehen davon, dass sie von seinen Verflossenen war. Von da an scherte sie sich um nichts mehr – zu verschieden war die weibliche Betrachtungsweise von der männlichen.
Kapitel 2 – Vers 7
Panajotis ging mit Fenella zum Trost ins Archäologische Museum, wo – wie in dem Buch „Reflections on a Marine Venus“ von Lawrence Durrell beschrieben – Aphrodite zu sehen war. Die Göttin saß in aller Schönheit und Üppigkeit in kauernder Körperhaltung und war eine reine Augenweide. Ihr Haar hielt sie in dicken Strähnen vom Kopf weg – das war schon allein von einer Hemmungslosigkeit, abgesehen davon, dass sie, wie es sich für eine ordentliche hellenistische Statue gehört, nackt war.
Das war aber es nicht, was den Reiz der Figur ausmachte: Sie war Jahrhunderte lang im Hafenbecken von Mandraki gelegen, und das hatte dem weißen Marmor einen unwirklichen Schimmer gegeben. Man mochte dabei am ehesten an Wachs und nicht an einen festen Stoff denken. Es war nicht von ungefähr, dass Panajotis Fenella dies zeigte – „Sieh‘ es ist ganz natürlich, dass ich dir die diversen Körperöffnungen zeige, darunter diejenige für die Fellatio. Es ist nichts dabei sich zu öffnen…“
Wieder zurück aus der Altstadt führte er sie in der Neustadt ins Avant Garde Café, das sich in der Ammochostou Straße befand: ein mondänes Café, ideal für einen guten Kaffee mit Gebäck, Snacks oder Sandwichs – oder dieses fantastische Eis, wo man sich geradezu eingraben konnte, so gut war es. Da war alles wieder in Ordnung zwischen ihnen. Sie schlugen sich die Bäuche voll, aßen viel zu viel, und ließen überhaupt fünfe grad‘ sein.
Und dann zeigte Panajotis seiner Fenella die Sehenswürdigkeiten der Hauptstadt: den Blick auf die Hafeneinfahrt; die Festungsanlagen; den Hafen mit der Nea Agora; den Großmeisterpalast; den Blick über die Innenstadt zum Hafen; die Akropolis; die Ritterstrasse; die Moscheen von Rhodos und vieles andere mehr. Sie hing an seinen Lippen, war begierig ?alles aufzunehmen. Dabei war sie sich gar nicht bewusst, dass man viele Kilometer zu Fuß zurücklegen musste, um das alles bewältigen. Von dem Auto hatte sie – ein Rest dieser an für sich vorhandenen Vorsicht – nichts erwähnt.
Und dann gingen Panajotis und Fenella – mittels Taxi, denn das war ihnen doch zu weit – zum Tanzen ins Rodini, das an der südlichen Ausfallstraße der Stadt lag, inmitten eines Parks, wo zwischen Pinien, Platanen und Zypressen eine Reihe von Bächen, künstlichen Kanälen und kleinen Wasserfällen in Seen mit Wasserpflanzen flossen. Ergänzt wurde diese Idylle durch einen Kleintierzoo mit Hirschen, den rhodischen Wappentieren, wilden Ziegen, Pfauen und Enten sowie unendlich viele Blumen.
Da mochte man am ehesten erkennen, dass da ein junger Mann, ein sehr junger Mann, der mit seinen 16 Jahren einer 35-jährigen den Hof machte, wenn diese auch noch so blendend aussah. Aber das war nur Außenstehenden in dieser Klarheit bewusst. Er verschlang sie geradezu mit seinen Blicken, die nichts offen ließen. Am ehesten war das beim Tango zu spüren – das Repertoire umfasste durchaus neben dem modernen Techno, zu dem jeder tanzen konnte, die internationalen Gesellschaftstänze, so da sind Standardtänze und lateinamerikanische Tänze. Fenella hatte nur ein Fähnchen an – es war ja am Abend noch sehr heiß –, das ihre üppigen Formen so recht zur Geltung brachte.
Die ersten Präliminarien hatten am Ägäis-Strand unterhalb des Aglaia-Hotels stattgefunden, da war es Nacht, was in der klaren Luft bedeutete: die Sterne sahen zu. Und es zog sie wieder dorthin. Da machten sie den konventionellen Sex, nicht mehr und nicht weniger. Fenella hatte schon befürchtet, dass Panajotis wieder direkt auf den Blow-Job zusteuern würde – aber weit gefehlt. Er „begnügte“ sich zunächst mit der Null-Acht-Fünf-zehn-Position, verlangte nicht mehr von ihr. Erst als er so richtig ihre Bereitschaft spüren konnte, mehr für ihn zu tun, stieß er in ihren Mund vor. Weil sie das ohnehin schon einmal erlebt hatte, weil er ohnehin nach Milch und Honig schmeckte, was ihr beim ersten Mal nicht aufgefallen war, beruhigte sie sich rasch. Und sog und sog…
Dann schliefen sie eng aneinander gepresst ein. Während Panajotis noch im Traumland weilte, erwachte Fenella als erste und machte sich ins Aglaia davon. Der „Nightman“ hob spöttisch die Braue hoch, als sie an ihm vorbeiging – aufgelöst wie sie war. Er sagte aber nichts, und sie strebte schnurstracks auf den Lift zu.
Sie duschte ausgiebig. Dann legte sie sich hin, konnte aber auf Grund der Vorkommnisse nicht einschlafen – zu viel war auf sie eingestürzt. So begann sie, sich selbst zu befriedigen, denn da brauchte sie niemanden, niemand redete ihr drein, sie musste auf niemand Rücksicht nehmen, konnte ihren ureigenen Rhythmus finden. Der Orgasmus, der sich abzeichnete, war elementar und ging über das Maß hinaus, das sie mit Panajotis (oder auch mit Hamish) erlebt hatte. Er erstreckte sich über mehrere Minuten hinweg. Danach schlief sie wie ein Baby ein.
Als Fenella aufwachte, war es schon ½11 Uhr, damit war es zu spät für ein im Preis inbegriffenes „Breakfast“ vor Ort. Sie duschte wieder ausgiebig und nachdem sie sich auch sonst hergerichtet hatte, wozu eine Coiffeure sowie ein sorgfältiges Make-up gehörte. Sie suchte und fand direkt an den Akti Kanari ein Lokal namens „Mezes“ (die deutsche Übersetzung „Appetithäppchen“ deckt nicht die ganze Bedeutung des Wortes ab, sondern diese sind als ursprüngliche Geste der Gastfreundschaft zu verstehen), wo sie sich ein opulentes Mahl vergönnte, das Teile des Frühstücks sowie Teile des Mittagessens umfasste.
Panajotis erwartete Fenella geduldig, an der bewussten Stelle am Ägäis-Strand. Dabei hatte sie es tunlichst vermieden, ihm das Hotel zu nennen – sie wusste umgekehrt ja auch nicht, wo er seine Tage und Nächte verbrachte, wenn sie nicht zusammen waren.
Es war Hochbetrieb am Strand, daher schlug Panajotis vor, dass sie die Insel erkundeten, und zwar konkret die Festung Monolithos an der Westküste. Bekannt ist der Ort vor allem für sein Johanniterkastell, was in der ursprünglichen Bedeutung der Bastion nebenbei bemerkt „einsamer Fels“ bedeutet. So ein Plätzchen, da wo weniger los war, schien ganz nach Panajotis‘ Geschmack zu sein. Fenella zeigte sich großzügig, und sie fuhren mit dem Taxi dorthin.
Das letzte Stück der Zufahrt mussten sie per pedes gehen und – während ihr Chauffeur in einem gemütlichen Gastgarten unterhalb des Berges auf sie wartete – machten sie sich auf den steilen Pfad nach hinauf. Oben angelangt eröffnete sich ihnen ein phantastischer Anblick – diese Weite, wo man fast bis die Unendlichkeit blicken konnte. Die Johanniter wussten schon, wo sie sich hinsetzten!
Panajotis war überwältigt und machte Fenella angesichts des Panoramas nicht an – es wäre ihm wie ein Frevel erschienen. Er genoss es (und sie mit ihm), einfach nur dazusitzen und zu fühlen, wie die Zeit versickerte, ganz langsam und unmerklich, ein dünner, dafür umso reißfesterer Faden. Nach einer unendlich langen Frist machten sie sich auf den Weg nach unten.
Da luden sie den Fahrer zu Tsatsiki ein, einem Joghurtgericht mit Knoblauch und Gurke; einem•griechischen Salat aus Tomate, Gurke, Paprika, Oliven und Schafskäse; Dolmadakia, diese mit Reis, Gewürzen und Zwiebeln gefüllten Weinblätter; Gigantes, das sind große, weiße im Ofen gebackene Bohnen in Paradeissoße; Mousaka, einem Auflauf mit frittierten Kartoffelscheiben, Faschiertem, in Olivenöl gebratenen Auberginen und einer Auflage von beim Überbacken gestockter Béchamelsauce. Nach dem Essen wurde Obst und der unvermeidliche oder griechische (genauer türkische) Kaffee gereicht. Es ist kein Ort zu entlegen, um nicht an diese einfachen, aber dafür umso geschmackvolleren Speisen zu kommen.
Und dann ging es heim nach Rhodos. Fenella ließ auf den Akti Kanari halten an der bewussten Stelle, worauf es hinunter an den Strand ging. Die Dunkelheit hatte sich über die Szene gelegt, sie war nur wieder vom schwachen Sternenschein erhellt. Panajotis war friedlich heute – er erlaubte, dass seine Partnerin oben lag. Er applizierte ihr einen ausführlichen Cunnilingus, der alle Stückchen spielte. Wo, so dachte sie, sprach es aber nicht aus, mochte er das bloß gelernt haben, mit seinen 16 Jahren.
Kaum war er eingeschlafen, da stahl sich Fenella wieder davon. Das machte aber nichts: Er war ihm mittlerweile gelungen, das Hotel ausfindig zu machen. Allein von dem Auto, das sie in der Aristotelis-Valaoriti-Street geparkt hatte, ahnte Panajotis nichts.
Kapitel 2 – Vers 8
Hamish Carmichael, wenigstens einigermaßen wiederherstellt (die Spuren der Ereignisse waren zumindest einigermaßen beseitigt), empfing den Besuch eines Anwalts. Dieser stellte sich ihm als Sir Cameron Rutherford vor, war soigniert bis zum Geht-nicht-mehr. Er vertrete eine nicht näher bezeichnete Gruppe…
Carmichael hörte anfangs nur mit einem Ohr hin – zu beschäftigt war er schon wieder mit seinen nächsten Projekten. Bis er aufmerkte. Da war von der „Middle East Connection” seines Gastes die Rede, mit dem er zart andeuten wollte, was es damit auf sich hatte. Er sagte etwas von den „Brothers in Arms“, und dass Hamish sich möglichst von ihnen fernhalten sollte – sonst (er ließ es offen, was darüber hinaus mit Carmichael passieren würde).
Der Westen verlöre – das sagte der Typ mit seiner Eton-Überheblichkeit – an relativer Macht durch das Bevölkerungswachstum der islamischen Welt, daran könne kein Zweifel bestehen. Als wesentliches Problem des „Abendlandes“ stellt sich, neben diesen demografischen Fragen, der Universalitätsanspruch westlicher Werte inklusive Menschenrechte und das Gleichsetzen von Modernisierung und Verwestlichung dar. Auch das Problem des moralischen Verfalls, des „kulturellen Selbstmords“, wie er das nannte, stufte er als sehr gefährlich ein.
Zeichen dafür sah er in folgenden Aspekten: der Erstarkung von asozialem Verhalten, wie Kriminalität, Drogenkonsum, generelle Gewalt, Verfall der Familie, damit zusammenhängend Zunahme von Ehescheidungen, unehelichen Geburten, Müttern im Teenageralter und Alleinerziehenden, Nachlassen des Arbeitsethos und zunehmender Egoismus, abnehmendes Interesse an Bildung und geistiger Betätigung und wissenschaftlicher Leistung.
Als republikanisch eingestellter Schotte (den Ausspruch von Churchill, wonach die Demokratie die schlechteste aller Staatsformen sei, ausgenommen alle anderen, vor Augen) sagte Carmichael: „Der heute global entscheidende Konflikt findet nicht zwischen dem Westen und dem Nichtwesten, auch nicht zwischen säkularisierten und religiös geprägten Kulturen statt, wohl aber zwischen Gruppen und Gesellschaften, die sich der normativen Modernisierung aussetzen, und denen, die sich ihr versperren.
Der Verputz bröckelte von seinem Gesprächspartner fast unvermittelt ab. Sir Cameron Rutherford zeigte sein wahres Gesicht, und das war böse: Er bezeichnete es als falsch und direkt unmoralisch, so zu argumentieren. Er drohte Hamish nunmehr unverhohlen damit, dass ihn die „Brothers in Arms“ schon finden würden – wie sie es ohne die geringste Schwierigkeit bereits einmal gemacht hatten –, so gut könne er sich gar verstecken.
Carmichael war total genervt. „Was erwarten die von mir – dass ich nicht die Wahrheit oder das, was ich dafür halte, in meinen Features enthülle?“
„Wir haben uns genau verstanden – endlich kapieren Sie es. Die Wahrheit ist eine Tochter der Zeit! Und die meint es nicht gut mit Leuten, wie Sie es sind. Verhaftet in veralteten Strukturen wie Ethik und Moral!“
„Sie stellen die Grundpfeiler jedes Systems dar: Ethik ist die Theorie der Moral, bietet also sozusagen die wissenschaftliche Betrachtung an. Sie ist ein Teilbereich der Philosophie. Ethik enthält ein Nachdenken, also eine Reflexion über das gute Leben und das sittlich richtige Handeln. Sie systematisiert, sucht nach Begründungen und entwickelt Kriterien. Moral hingegen ist die Gesamtheit der in einer Gruppe geltenden beziehungsweise von einer Person verinnerlichten Verhaltensregeln. Deskriptiv gibt sie an, welche Verhaltensweisen gelebt werden und welche Erwartungen über ein gutes Handeln vorhanden sind. Moral umfasst die vorhandenen Einstellungen, wie etwas sein soll. Normativ (das heißt bewertend) besteht sie aus Vorschriften, wie gehandelt werden soll. Moral billigt etwas oder missbilligt es und fordert dann eine Verhaltensänderung. Moral ist dabei eine Praxis des Sollens.“
„Allahs Wille ist über den Dingen!“
Hamish, der erfolgsverwöhnte BBC-Journalist, machte eine ganz neue Erfahrung – dass jemand sich über alles hinwegsetzte, über jede Konvention, jede Regel. Er betrachtete das aus der okzidentalen Sicht und, was ihn betraf, trotz aller denkbaren Konfrontationen im Tonfall durchaus amikal.
Dabei räumte er ein, dass die muslimische Lehre hinter der christlichen zurückblieb – circa sechshundert Jahre, und wo waren im Westen da. Als bedeutendstes Beispiel seien (nebst diversen anderen Schandtaten der Inquisition) nur die Hexenverfolgungen genannt. Der katholische Zweig sowieso, und die Hexereiprozesse wurden als Instrument der Glaubenskämpfe angesehen, und selbst Luther hat den Hexenwahn gebilligt: „Es ist ein überaus gerechtes Gesetz, dass die Zauberinnen getötet werden, denn sie richten viel Schaden an. Also sollen sie getötet werden, nicht allein weil sie schaden, sondern auch, weil sie Umgang mit dem Satan haben.“ schrieb er seiner Predigt vom 6. Mai 1526.
Mittlerweile hat sich Einiges und zwar Entscheidendes getan. Der Laizismus hat meines Erachtens über die Religion gesiegt, jedenfalls im Okzident. Das Christentum befindet sich – abgesehen von privaten Leidenschaften, die aber wenig schaden können – auf dem Rückzug. Die Entwicklung der realen Welt läuft der intellektuellen Interpretation derselben davon: Es handelt sich dabei offenbar um ein Zeichen gravierender Spannungszustände der bestehenden Gesellschaftsordnung. Charakteristisch für die Situation scheint vor allem zu sein, dass die politischen Gruppierungen im engeren Sinn – selbst solche, denen eine unzweifelhafte Redlichkeit unterstellt werden darf – hinsichtlich ihrer Fähigkeit zur Welterklärung an einem Tiefpunkt angelangt sind.
Die wesentlichen gesellschaftspolitischen Konzepte unserer abendländischen Welt stammen aus einer immer ferneren Vergangenheit. Bis heute hat sich kein geistiges System herausgebildet, das autochton in Bezug auf diese Epoche wäre bzw. adäquat wäre ihrem spezifischen Phänomen: der ungeheuren technologischen Expansion, in der das Instrument Technik zuletzt sogar zum Ziel des Fortschritts umgeschlagen ist.
Jetzt erst recht die Rückständigkeit des Islam, der (warum soll man es nicht sagen) um mehrere Jahrhunderte reaktionärer als das Abendland – geschweige denn die unappetitlichen Aspekte, wie zum Beispiel Selbstmordanschläge…
Da schreckte Carmichael auf. Er hatte das alles geträumt. Ein britischer Anwalt, knochentrocken und très soigné, würde sich nie und nimmer dafür hergeben, eine solche Botschaft zu übermitteln.
Was blieb war das unbestimmte Gefühl, dass nicht alles an dem Traum eine Schimäre schien. Zwar hatte er nur undeutliche Erinnerungen an das, was vorgefallen war, aber immerhin. Er beschloss, die äußerste Vorsicht walten zu lassen.
Kapitel 2 – Vers 9
Marianus Tulzer, neuerdings zum Monsignore ernannt (und damit in die Provinzhauptstadt weggelobt – sein Orden hatte ihn unauffällig entsorgt), war in den schulischen Dienst übergewechselt. Katharina vom Pratenserhof führte ihm den Haushalt, und wie es ist in einer Wohnung: Man kam sich näher. Dabei hatte die Bleibe einen besonderen Reiz – aber davon ein anderes Mal…
Er gestattete sich vorerst nur schüchterne Annäherungsversuche, dazu war die Erinnerung an Fabian noch zu frisch. Aber er war ja kein Päderast, es war nur so eingeführt, dass sich – insbesondere in kirchlichen Kreisen, aber nicht nur dort – Männer vorgerückten Alters mit einem Kind (und das war es zweifelsohne) vergnügten. Aber es erklärt nicht die Homosexualität per se.
Die wissenschaftliche Erkenntnis, dass die Einteilung von Menschen in Homo- und Heterosexuelle den vielfältigen Schattierungen menschlichen Begehrens nicht wirklich gerecht wird, hat man mit der Residualkategorie der Bisexualität aufzufangen versucht. Jedoch ist dieses Konzept seinerseits zur Basis einer selbst gewählten Identität geworden und produziert daher neue begriffliche Unklarheiten, wie etwa die Existenz von Menschen, die sich in Umfragen weder als homo- noch bisexuell einstufen, sich aber trotzdem vom eigenen Geschlecht in unterschiedlichem Grade erotisch angezogen fühlen.
Nach 150 Jahren Forschung gibt es unter Sexualwissenschaftlern immer noch keinen Konsens, welche Faktoren für die Ausbildung sexueller Präferenzen ursächlich sind. In der Forschung hat sich heute weitgehend eine Deutung durchgesetzt, die auf der gesicherten Beobachtung aufbaut, dass homosexuelles Verhalten eines Teils von Populationen in der höheren Tierwelt sehr weit verbreitet ist.
Von diesen theoretischen Überlegungen einmal abgesehen – man kam sich näher, und dazu musste Tulzer auf seiner Skala ein bisschen dichterrücken in Richtung auf Katharina. Man traf sich auch insofern, als praktischerweise das auf dem Pratenserhof Erlernte voll und ganz das Leben in der klösterlichen Gemeinschaft ersetzte – mehr als das: die doch eher kargen Speisen, wie sie der Laienbruder mit Ach und Krach hingestellt hatte, wurden durch die phantastischen Gustostücke Katharinas ersetzt. Die Liebe geht bekanntlich durch den Magen, und so konnte es nicht ausbleiben, dass Marianus eine ernsthafte Zuneigung zu ihr fasste.
Das Du-Wort war nicht das Ausschlaggebende – hier war alles klar. Nur wusste er nicht, wie die Sache praktisch angehen sollte – er hatte bis dahin keine Frau „erkannt“. So kompliziert drückte er sich aus: Da standen ihm nur die Phrasen aus der Bibel zur Verfügung, die weiß Gott nicht sehr hilfreich waren.
Seine mittlerweile Angebetete hatte durch Perwonatschaljnow ihre Unschuld verloren, aber das sagte nichts: Schon im Alter von vier oder fünf Jahren war sie aufgeklärt worden („Hier ficken zwei Fliegen!“), im Alter zehn oder zwölf Jahren konnte sie unbefangen einen Stier „bei der Arbeit“ mit einer Kuh beobachten – aber das war stets nur passiv. Pjotr blieb es vorbehalten, dass sie an einer mehr oder weniger aktiven Rolle Geschmack fand. Katharina erwies sich bauernschlau, während Tulzer eine gewisse Naivität nicht abzusprechen war.
Dann spielten sie stets das folgende Spiel. Katharina trug hohe, braune Stiefel, einen langen, weiten braunen Rock und dazu eine beigefarbene Bluse, alles gut auf ihr langes dunkelbraunes Haar abgestimmt und sehr konservativ, wie es sich für eine Pfarrersköchin gehörte. Was nicht ganz zu diesem Bild passte war die Tatsache, dass die vorne liegende Knopfleiste des Rockes bis auf zwei oder drei Knöpfe ganz geöffnet war, wodurch sie mit weit gespreizten Beinen auf ihrem Stuhl saß und mit ihrer rechten Hand intensiv über die dichten Locken dazwischen rieb. In der linken Hand hielt sie ein aufgeschlagenes Buch mit vielversprechend viel nacktem Fleisch auf dem Umschlagbild.
Tulzer brachte keinen Satz zusammen und hielt verlegen die Hände vor seinen pochenden Zebedäus. Katharina riss sich mit Mühe zusammen und setzte sich auf. Mit einer schnellen Bewegung schlug sie ihren Rock wieder zusammen und sah den Geistlichen scharf an. „Was fällt Dir ein, dich hier einfach so anzuschleichen?“ „Ich… ich habe mich nicht angeschlichen.“, entgegnete er. Sie sah auf seine Schuhe, die auf dem dicken Filzbelag des Bodens gar kein Geräusch verursachen konnten und erkannte, dass ausschließlich sie für diese Situation verantwortlich war. Ihr Ärger verrauchte so schnell, wie er entstanden war. „Ich verstehe…“, sagte sie wieder leiser. „Wir müssen darüber reden.“
Marianus kam zögernd ein, zwei Schritte näher. Um nicht aufzulachen, biss sich Katharina auf die Lippen. „Setz‘ dich.“, sagte sie und deutete auf einen Sessel. „Kaffee?“ „Ja.“, antwortete er sehr leise.
Sie war froh, dass sie sich abwenden konnte. Länger hätte sie ihr Grinsen nicht zurückhalten können. Sie hantierte eine Weile mit den Tassen und der Kaffeekanne, bis es ihr gelang, wieder ein ernstes Gesicht zu machen. Wortlos reichte sie Tulzer eine Tasse hinüber und stellte ihre auf den Tisch. Er starrte auf seine Tasse. „Es war so… so…“
Er stockte und zuckte mit den Schultern. Katharina schlug die Beine übereinander. „Warum hast du mich dabei beobachtet und…“ Sie folgte seinem Blick und stellte fest, dass er auf einen Punkt knapp unter der marmornen Platte geheftet war. Zögernd und deshalb für ihn aufreizend langsam rutschte sie weit nach vorne und lehnte sich zurück. Ihr Rock fiel über ihre Schenkel zurück und entblößte wieder die dunklen Locken ihrer Schamhaare. Sie trug keinen Slip.
„Nein!“, hielt sie ihn auf, als er sich zurückziehen wollte. „Zieh… zieh die Hose ganz aus… bitte.“ Er folgte ihr aufs Wort. In diesem Moment hätte er alles getan. Als er sich wieder setzte, stand sein Schwanz groß und hart von seinem Unterleib ab. Mit glänzenden Augen betrachtete sie ihn und legte ihre Beine rechts und links über die Sessellehnen. Aufmunternd nickte sie ihm zu. Er griff nach seinem Penis und fing an, ihn mit schnellen Bewegungen zu reiben. „Nicht so schnell…“, bremste ihn Katharina. „Ich… ich will es sehen können.“
Marianus riss sich zusammen und wurde für einen Moment langsamer. Bald hatte er jedoch wieder die gleiche Geschwindigkeit und Katharina schüttelte unwillig den Kopf. „Nein, langsamer… Du… Komm‘ her.“ Sie setzte sich auf und winkte ihn zu sich herüber. Als er neben ihr stand, griff sie nach seiner Hand und bewegte sie langsam vor und zurück. „So, meine ich.“, schnurrte sie heiser und beobachte die dicke Eichel. „Ganz langsam, damit ich es auch sehen kann.“
Er zog seine Hand vorsichtig zurück und beobachtete ihre Reaktion. Er rechnete jeden Moment damit, dass sie ihn loslassen würde, aber ein Finger nach dem anderen fand den direkten Kontakt zu seinem Gemächt. Er seufzte leise und sie sah ihm tief in die Augen. Er konnte ihren Gesichtsausdruck nicht deuten, und als sie plötzlich aufstand war er der festen Überzeugung, zu weit gegangen zu sein. Mit hochrotem Kopf wandte er sich ab und griff nach seiner Hose.
Katharina drehte sich um und sah, dass seine Hose in der Hand hielt. „Was hast du vor?“, fragte sie. „Nichts…“, antwortete er schnell und ließ die Hose wieder fallen. Er sah sie nachdenklich an. So, wie sie jetzt vor ihm stand, sah sie aus wie immer, nur die leichte Röte in ihrem Gesicht deutete an, was er vorher gesehen hatte. Sie lächelte ihn an und öffnete langsam die letzten Knöpfe ihres Rockes. „Ist es so besser?“, fragte sie, als er zu Boden fiel. „Oder habe ich immer noch zu viel an?“ Sie griff nach den Knöpfen ihrer Bluse und öffnete sie langsam von unten nach oben. Er antwortete nicht, sondern starrte sie nur an. Er schluckte, als ein knapper, schwarzer Spitzen-BH zum Vorschein kam, der absolut nichts mehr von ihren vollen Brüsten verbarg.