Main menu:

PENTHESILEA

Penthesilea und ihre zwölf Gefährtinnen, während des Trojanischen Krieges, waren Clonie, Polemusa, Derinoe, Evandre, Antandre, Bremusa, Hippothoe, Harmothoe, Alcibie, Derimacheia, Antibrote und Thermodosa. Sie selbst war die Tochter der Amazonenkönigin Otrere. Sie kämpften auf Seiten der Trojaner gegen die verhassten Griechen, mit denen sie noch ein Hühnchen zu rupfen hatten.

Und das kam so – Otrere hatte sich in jungen Jahren in einen Griechen verliebt, man sagte sogar, dass er der Vater von Penthesilea war, aber das wurde nie bewiesen (da gab’s noch nicht diesen untrüglichen Test, durch den der Erzeuger zweifelsfrei festgestellt wurde, aber da war man im Altertum noch weit entfernt). Jedenfalls hatte sich der Galan auf griechisch davongemacht und ward nie mehr gesehen. Penthesilea hasste ihren vermeintlichen Vater wie die Pest, das hatte ihr schon Otrere eingegeben. Dass ihr Vater in Wirklichkeit der Kriegsgott Ares war, bewahrte Otrere in ihrem Herzen.

Penthesilea und ihre zwölf Gefährtinnen waren seit frühester Jugend zusammen – übrigens, dass die Amazonen ihren Töchtern die rechte Brust abschnitten, damit sie besser zielen konnten, muss wohl in‘s Reich der Sage verwiesen werden. Die zwölf Genossinnen und Penthesilea trieben allerlei Schabernack, harmlos zunächst, aber mit zunehmendem Alter der Betroffenen barbarisch. So machten die Freundinnen unverhohlen über die Männer her – es handelte bei der Gesellschaftsordnung um ein Matriarchat, und dazu noch um ein aggressives.

Das ungestüme Blut väterlicherseits kam, ohne dass Penthesileas es merkte, auch zum Zug – sie war die Wildeste von allen. Sie konnte sich ergötzen an dem Schmerz, den sie den Kerlen bereitete, wenn sie mit Pfeil und Bogen hinüberstrich. Dabei ließ sie es wirklich darauf ankommen, wie weit sie ging – das hing natürlich von der Standfestigkeit des Leidtragenden ab. Clonie wiederum erniedrige ihre Opfer, wenn sie dem Höhepunkt nahe waren und ein abruptes Ende ihrer Begierden erlebten. Polemusa dagegen kitzelte ihre Beute fast zu Tode, Derinoe nahm ihre Würstchen in die Zange, bis sie schrieen. Evandre verpasste den Dummköpfen einen Arschtritt. Antandre versohlte den Witzfiguren den Hintern. Bremusa wandte sich den Penissen zu. Hippothoe ebenfalls, genau wie Harmothoe. Alcibie hatte ein besonderes Hobby: Brustwarzen. Derimacheia schleckte den Opfern quer über die Augen. Antibrote schaute den anderen nur zu, Thermodosa machte es Antibrote nach.

Und Otrere ließ ihre Schützlinge nicht aus den Augen, nicht aus Sorge, sondern mit einem gewissen Stolz. Sie entwickelten sich zu echten Amazonen in einem echten Amazonenreich. Sie bestanden aus einem Volk von Kriegerinnen, das am Rand der griechischen Welt, meist am Schwarzen Meer, lokalisiert wurde. Sie leben ohne Männer (das heißt, dass stimmt nicht ganz – die Männer spielten nur eine untergeordnete Rolle), sie lebten unter der Herrschaft einer Königin und werden von früher Jugend an im Umgang mit Waffen geschult. Männer wurden nur zur Fortpflanzung benötigt und man sagt sogar, dass die Burschen getötet wurden, nachdem sie ihr Sperma abgeliefert hatten, aber ist keinesfalls sicher, denn womit sollten sich die Damen sonst vergnügen, nach der Jagd und nach den Kriegen, in die sie zogen, wenn sie nicht zu lockeren Spielen abgestellt waren.

Penthesilea tat sich, wie gesagt, besonders hervor. Sie quälte ihr jeweiliges Opfer, bis es hinsank in seinen Entbehrungen, zugleich aber die höchste Seligkeit erfuhr. Sie quälte es so lange, bis der sogenannte „kleine Tod“ eintrat, also die Tatsache, dass die Vorstellungen zum Sterben und zum Orgasmus Ähnlichkeiten aufwiesen. Nur dass die Opfer dann ein tiefes Loch fielen, nachdem sie aus ihrer Bewusstlosigkeit aufgewacht waren – dafür hatte Penthesilea schon gesorgt.

Sie ging leidenschaftlich gerne mit Evandre und Thermodosa, und wann ihnen dann ein (männlicher) Wanderer begegnete, war die Freude groß – sie fesselten ihn normalerweise auf den Boden und holten seinen Penis heraus und berauschten sich an seinem Anblick. Dabei blieb es nicht, ob der Fremde es wollte oder nicht, sie vergewaltigten ihn notfalls, wenn er sich wehrte. Zum Schluss war er gar nicht sicher, was er überhaupt wollte – er war sich durchaus unschlüssig über seine Absichten. Oder wie Heinrich Heine in seiner unvergleichlichen Art sagt:
„Geleert hab ich nach Herzenswunsch
Der Liebe Kelch, ganz ausgeleert;
Das ist ein Trank, der uns verzehrt
Wie flammenheißer Kognakpunsch“
Und:
„Anfangs wollt ich fast verzagen,
Und ich glaubt, ich trüg es nie;
Und ich hab es doch getragen –
Aber fragt mich nur nicht, wie.“

Aber Penthesilea und die übrigen Zwölf liefen erst recht zu ihrer Hochform auf, wenn kriegerische Ereignisse bevorstanden. Da konnten die Damen so richtig ausleben, zumal sie keinerlei Hemmungen zu haben – wer hätte sie aufhalten können. Sie gingen mit äußerster Brutalität vor, wie es in ihren Kreisen der Brauch war. Ich meine richtige Brutalität – sie arbeiteten sich durch Leichenberge und sie spuckten auf den toten Körper, wenn sie dazu Zeit hatten, verstümmelten sie die soeben Verstorbenen, und hatten nicht die geringste Abscheu davor. Die typische Kleidung der Amazonen besteht aus einem kurzen Chiton, der die rechte Brust freiließ – oftmals war er blutbefleckt, getränkt vom Blut der Feinde.

Und dann ging es gegen die verhassten Griechen – vor Troja!

Nachdem Achilles den Helden Hektor, Sohn des Königs von Troja Priamos, getötet hatte, kam Penthesilea den vom griechischen Heer schwer bedrängten Trojanern mit ihren Kriegerinnen zu Hilfe. Zunächst brachten die Amazonen das Griechenheer stark in Bedrängnis. Als Achilles eingriff, wendete sich jedoch das Blatt. Schließlich wurde Penthesilea von Achilles erschlagen. Als dieser der sterbenden Penthesilea den Helm vom Haupt löste, verliebte er sich in sie und bedauerte seine Tat. Einige Gefährten verspotteten ihn deswegen, woraufhin er einen von ihnen, Thersites, erschlug. Penthesileas Leiche wurde an die Trojaner zur Bestattung übergeben.

Und dann explodierte der Mythos der Penthesilea grenzenlos – ein Idol wurde geboren! Während die „Zwölf“, Clonie, Polemusa, Derinoe, Evandre, Antandre, Bremusa, Hippothoe, Harmothoe, Alcibie, Derimacheia, Antibrote und Thermodosa, bald der Vergessenheit anheim gefallen waren, lebte sie richtig auf – bis zum heutigen Tag. Das ging sogar so weit, dass sie in immer idealtypischeren Formen abgebildet wurden. Sie geriet zum Schönheitsideal per se, zeitlos und bis zum heutigen Tag gültig – dazu gehörte auch, dass sie in stets stärkeren Phasen der Entkleidung abgebildet wurde, bis nichts mehr übrig war. Nicht in der Variation eines Striptease, also einer Entblößung im Sinne der Burlesque-Tänzerin Dita von Teese, was von vielen Frauen mit Recht als sexistisch empfundende Aktdarstellungen – auf den Bildern beziehungsweise Statuen erscheinen als Sexualobjekte, weil die Modelle es tatsächlich waren.

Nicht so im Falle Penthesileas – sie war in ihrer endgültigen Nacktheit unsterblich. Sie rückte in den Götter- beziehungsweise Göttinnenhimmel auf und konnte von hier aus die Geschicke der Menschen steuern.

Über die Jahrhunderte, die seither vergangen sind, kann die Darstellung Penthesileas sowohl als Aspekt weiblicher Identität, als weiblicher Schattenaspekt, wie auch als Facette der Animafunktion erscheinen und Jungfräulichkeit, Selbstvertrauen, Mut und Freiheit, Unabhängigkeit, auch Unbezogenheit und Ablehnung des Männlichen symbolisieren, ebenso Ausbruch aus der Festlegung auf Mutterschaft, Sportlichkeit und Kampfwillen, aber auch intuitive Verbundenheit mit Spiritualität und dem Animalischen.

Ob es die Amazonen wirklich gegeben hat, weiß bis heute niemand. Doch Legenden zufolge sollen die Kriegerinnen selbst den tapfersten griechischen Kämpfern Angst und Respekt eingeflößt haben. Das Amazonenvolk ist eine Überlieferung, die seit Jahrtausenden durch die Literatur, die Kunst, die Köpfe und die Geschichte spukt. Zeichnungen und schriftliche Aufzeichnungen zu den sagenumwobenen Kriegerinnen gibt es reichlich – aber ohne Quellenangabe oder konkrete Herkunft.

(under construction)