KALEIDOSKOP – Leseprobe 4
Kapitel 10
Anneliese und Waltraud gingen neuerdings auch im Winter schwimmen – im Floridsdorfer Hallenbad. Dort mussten sie ihre Bikinis anhaben, jedenfalls den Unterteil (da hatten sie sich genau erkundigt). Die Mehrzahl der übrigen Badegäste goutierte das nicht, aber war den Mädels egal – sie waren eher unter Wasser als darüber.
Beim zweiten Mal, als sie sich schon mehr auskannten, entdeckte sie eine Art Käfig unter der Oberfläche, zwei Meter im Kubus wozu er diente, blieb rätselhaft, aber das war nicht der Punkt. Sie benützten ihn dergestalt, dass zufolge Anneliese oder Waltraud untertauchen mussten und nicht emporkamen, bis die eine oder die andere es erlaubte. Das war mit unglaublichen sexuellen Glücksgefühlen beim jeweiligen Opfer verbunden.
Damit nicht genug – Anneliese und Waltraud zwängten zu zweit in den Kubus und gaben sich ihrer Leidenschaft ungehemmt hin. Das bemerkte einer der Schwimmer und näherte sich dem Geschehen, unbemerkt vom Paar, das anderweitig beschäftigt war. An der Tür, die sie vorher nicht gesehen hatten, war eine Vorrichtung zur Verriegelung des Geschehens. Anneliese und Waltraud waren eine Zeit lang noch immer zugange, bis sie es auftauchen mussten, aber es nicht konnten. Der Badegast hatte das Gatter geschlossen und weidete sich am Anblick zweier halbnackter Grazien. Sie waren gefangen.
Bei den Mädels gewann vernünftiges Überlegen wieder die Oberhand. Sie waren auch nicht in der Vergangenheit ja schon sechsundzwanzig Minuten unter Wasser gewesen waren, und wenn es seitdem auch wieder weniger geworden war, dass sie das wieder schaffen würden. Mittlerweile hatten sie, vom Schwimmer unbemerkt (da er ja wieder auftauchen musste), entdeckt, dass man den Mechanismus auch von innen her betätigen konnte. Als der Besucher wieder abtauchte, ließ sie ihn in dem Glauben, dass er sie erneut anstarren durfte. Dann aber – zur größten Überraschung des Mannes – öffneten die halbnackten Grazien von innen das Tor. Sie zogen ihm die Badehose aus, ließen das Ding achtlos fallen und steckten ihn in den Käfig. Nun beobachteten sie ihn und nicht er sie.
Dessenungeachtet bekam er einen Ständer, als er sie so sah, in voller Pracht ihrer Weiblichkeit. Anneliese und Waltraud vertschüssten sich, in der Hoffnung, dass er den Mechanismus genau so schnell finden wie sie. Die Badehose gaben sie an der Kassa ab – die mochte ein Schwimmer verloren haben.
Kapitel 11
Franz und Margaretha beziehungsweise Michael und Emma waren wenigstens dahinter, dass die historische Wissenschaft ihrer Sprösslinge weiterging, wenn sie schon darüber abgeblitzt waren, was Vater Wiener als „merkwürdige Veranlagung“ bezeichnet hatte (der war richtig antiquiert, um es milde auszudrücken). Michael wollte sich diesbezüglich verbreiten, aber die Anderen winkten ab – sie wollten das Thema nicht mehr berühren.
Die erste Aufgabe bezog sich auf „Die Kirchenamtsrechnungen zu St. Stephan in Wien“ – Anneliese bekam ein anderes Jahrhundert als Waltraud. Die Materie war an Fadesse nicht zu überbieten, hat aber den Vorteil, dass alles klar war. Und so ging es weiter – Anneliese und Waltraud führten einen Begriffswechsel durch. Statt „Saumlasten“ als Maßstab den Gegenwert in Währung zu nehmen, eine völlig neue Errungenschaft, die bisher am „Institut für Wirtschafts- und Sozialgeschichte“ nicht üblich war. Bis eine Dissertation mit dem Titel „Die Wiener Großbanken mit einer Feldstudie 1913 und einer Feldstudie 1935“ soweit gediehen, vergingen einige Jahre.
Anneliese und Waltraud (mittlerweile hatte man sich daran gewöhnt, sie im Doppelpack zu sehen) waren bei der Österreichischen Länderbank vorstellig gewesen und man hatte sie mit Kusshand genommen, angesichts der zu jener Zeit herrschenden Personalmangels. Dort, in der Volkswirtschaftlichen Abteilung, hatten sie eine Chefin, die ein wenig queer, im Sinne von „eigenartig“, war, aber sie gleich in‘s Herz schloss. Der „Wirtschaftsdienst“ war von Anfang an Anneliese Domäne, während das „Economic Bulletin“ (das war dasselbe auf Englisch) Waltraud oblag. Sie waren über kurz oder lang so gut darin, dass sich die Abteilungsleiterin begnügte, die großen Linien vorzugeben und Geschriebene dann zu lesen.
Und sie hatten Auslandsaufenthalte zu absolvieren. Die Direktorin reiste nicht so gerne und so kam es dazu, dass im Rahmen der „Associated Banks of Europe (Abecor)“ die zwei Mädels auftauchten. Ein Franzose (er war der Vorsitzende der „Group of Economists“), ein Brite, ein Belgier und ein Italiener, die sich gleich um Anneliese und Waltraud „bemühten“ – na ja, der Brite vielleicht weniger, der war zu hochnäsig dafür. Das Konvolut, das sie beisteuern mussten, wurde sorgsam zerlegt, aber voller Rücksicht: „Das könnte man so sagen, man könnte es auch anders ausdrücken!“
Der Brite saß dabei in seiner aufgeblasenen Art und sagte nichts – dabei wäre es ihm als native Speaker ein leichtes gewesen, die ganze Sache in‘s rechte Licht zu rücken. Er aber kümmerte sich nur um seinen Part, und das war‘s auch. Die Mitglieder der Gruppe, die so gut waren wie autochthone Sprecher, nahmen sich des einfachen Stils der zwei jungen Damen an.
Besonders der Franzose, ein gewisser Monsieur Daniel François (nomen est omen), legte sich aus naheliegenden Gründen, schließlich waren Anneliese und Waltraud durchaus bemerkenswert, besonders in‘s Zeug. Sie ließen ihn aus ebenso naheliegenden Gründen, die aber völlig anders geartet waren (im Endeffekt wollten die Beiden von seiner Erfahrung profitieren) in dem Glauben, dass er bei Einer von ihnen oder gar bei Zwei von ihnen landen konnte. Daniel (so durften sie ihn anreden, wobei im Englischen der Übergang vom „sie“ zum „du“ fließend ist) war ein beeindruckender Mann, nicht so ansehnlich, wie die meisten seiner männlichen Landsleute, aber präsentabel mit seinem fünfundfünfzig Jahren. Er durfte hoffen…
Kapitel 12
Waltraud versprach Anneliese: „Du wirst auf Wolke sieben schweben! Lass‘ mich nur machen und mach‘ selber gar nichts! Am besten, Du schließt die Augen!“
Sie hatte hoch in der Luft einen Reifen befestigt, dass sie ihn gerade noch erreichen konnte. Waltraud war komplett nackt. Anneliese hatte noch immer die Augen geschlossen. Waltraud schwang sich auf den Reifen, kam in‘s Sitzen und ruhte einen Moment lang aus, bevor sie sich kopfüber hinabstürzte und mit den Füßen auf dem Reifen hing. Dann ergab eine weitere Steigerung, indem sie nur mit einem Fuß dieselbe Übung absolvierte.
„Und jetzt kannst Du schauen!“, sagte Waltraud ganz gepresst.
Anneliese war hin und weg – so etwas hatte sie noch im Leben gesehen, es sei denn, als ganz kleines Kind im Zirkus Roncalli. „Wie kommst Du wieder hoch?“
„Das lass‘ nur meine Sorge sein – jetzt genieß’ den Anblick, den Deine Freundin Dir bietet!“, war die Antwort. Dann richtete sie sich entsetzlich lange auf, von zahlreichen Pausen unterbrochen. Und dann war die Show vorbei. „Jetzt probieren etwas ganz Anderes: Die zwei Einhörner! Dazu musst Du Dich auch ausziehen!“
„Mit Vergnügen!“ Der Aufschrei von Anneliese kam ganz spontan.
Waltraud erklärte, worum es dabei ging – das hatte sie in YouTube geschaut, unerschöpfliche für alle Freaks. Sie mussten beide Einhornköpfe aufsetzen, mit entzückenden gedrehten Hörnern darauf – sonst waren sie nackt, bis auf Schnüre, mit denen sie verbunden waren. Waltraud hielt sich genau an die Regieanweisungen von YouTube. Die Schnüre dienten dazu, die Brustwarzen der Einen mit den Brustwarzen der Anderen zu verbinden – das war durchaus schmerzhaft, da die Schnüre mit Haken versehen waren, die ein Loslösen verhinderten. Dann aber kam der sexuelle Reiz dazu, wie überhaupt Pein und Lust eng beieinander liegen.