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TRASH Zusätzliche Leseprobe

KAPITEL 401

Fabian war geschockt. Anné de Maizière und ihre Eltern waren plötzlich (es kam ihm so vor – dabei hatten sie es seit langem geplant) nach Südafrika umgezogen, konkret nach Kapstadt. Für die Alt-vorderen bedeutete es einen Aufstieg in die Chefetage eines bedeutenden Unternehmens, der Cape Town Corporation, die sich mit dem Diamantenhandel beschäftigte.

Für Anné bedeutete es eine große Umstellung gegenüber ihrem bisherigen Leben, und zwar gegenüber ihrer gewohnten Freiheit, um nicht sagen Freizügigkeit. Sie war eingesperrt hinter drei Meter hohen Mauern – in Constantia, wo man auf meist riesige parkähnliche Grundstücke mit luxuriösen Villen traf.

Sie hatte in ihrer Verzweiflung bereits im Vorübergehen den schwarzen Majordomus konsumiert. Da machte sie eine bemerkenswerte Beobachtung: Bei dunkelhäutigen Männern (namentlich wenn sie jung sind) ist die Haut unglaublich feinporig und fühlt sich an so glatt wie Marmor, abgesehen davon haben sie einen sagenhaften Rhythmus und eine Riesenausdauer. Dann das Liebesgeflüster mit diesem weichen, schmelzigen Timbre in der Stimme. Anné ließ sich einfach fliegen. Und das änderte sich auch nicht – sie konnte stets auf Themba Gumede, so hieß der Bursche, zurückgreifen. Er war ihr nicht gram, auch wenn sie sich mit einem Weißen einließ.

Für ihre Ausbildung sorgte nämlich künftighin ein Hauslehrer, ein attraktiver Mann in den besten Jahren nebenbei bemerkt, an den sie sich ohne Verzug heranmachte. James Prank leistete anfangs tapfer Widerstand, aber sie hatte am Ende die besseren Argumente für sich – wenn sie ihn etwa im knappen Bikini, der nichts verbarg, rücklings auf der Campingliege empfing, war es um ihn geschehen. Als Anné ganz sicher war, dass er wie gebannt auf ihren Hintern starrte, zog sie beide Beine an und spreizte sie, so dass er ihr kleines unbehaartes Geschlecht deutlich sehen konnte. Nach diesen Worten leckte sie seinen Mund. Er begann, sie vorsichtig zu stoßen. Er wollte ihr nicht wehtun. „Worauf wartest du?“, fragte sie ihn. „Mach es mir richtig hart!“

Sie stand auf und setzte sich vor ihren Lehrer auf das Pult. Prank beugte sich vor, ihre Gesichter waren nicht mehr weit voneinander entfernt und dann berührten sich ihre Lippen. Die Lippen ihres Erziehers waren so weich, er küsste so gut. Anné schob ihre Zunge in seinen Mund und spielte mit seinem Pendant. Sie wurde jetzt aktiver, öffnete das Hemd und streifte es ihm nach hinten ab. Sie fuhr mit ihrer glatten Hand über seinen Oberkörper.

James bekam eine Gänsehaut, so sehr gefiel ihm die Behandlung seiner Schülerin schon jetzt. Er löste seine Lippen von ihren und ließ seinen Mund tiefer gleiten, küsste ihren Hals und knabberte an ihren Ohrläppchen. „Du bist wunderschön!“, hauchte er ihr ins Ohr. Und dann nahm er sie. Der Vater ebenso wie die Mutter bekamen nichts von alledem mit: Sie widmeten sich Wichtigerem.

Fabian war mittlerweile unausstehlich, mehr noch – er war vera?bscheuenswert. Sein Alter betrug unterdessen 17 und konnte Anné nicht vergessen. Er lebte noch immer bei seinem Sachbuchschrei-ber – schließlich wollte er ja seine Schulbildung noch auf dessen Kosten abschließen –, aber von den gemeinsamen schöngeistigen oder gar erotischen Erlebnissen war nichts mehr übrig. Im Gegenteil, der Mäzen ging seinem Schützling sorgsam aus dem Weg, angesichts der Kreise, in denen der Junge seit einiger Zeit verkehrte. Dessen forsches „Heil Hitler!”, wenn er Winfried irgendwo in der Wohnung begegnete, war dabei noch das Mindeste, denn es hatte auch schon öfter blaue Flecken und einmal sogar eine geprellte Rippe gegeben. Winklers erster Gedanke, nämlich die Polizei zu verständigen, erübrigte sich aufgrund des Risikos, was diese bei einer Amtshandlung womöglich über ihn selbst herausfinden könnte.

Die einzige, die Fabian noch einigermaßen Herr wurde, war Winfrieds Haushälterin, die an den Fall mit bodenständiger Resolutheit heranging, abgesehen von der Tatsache, dass sie es war, die für die nach wie vor bestehenden Grundbedürfnisse des frischgebackenen Enfant terrible sorgte: Essen und Trinken, Ord-nung in der Kleidung und eine gewisse Sauberkeit überall, denn darauf legte der Bursche, jedenfalls daheim, größten Wert. Und sie war auch keineswegs empfindlich, diese Réka Hegedüs – ließ ihn damit quasi ins Leere laufen.

Selbst wenn er sich in der Küche von hinten an sie heranschlich, mit den Händen ihre stattlichen Brüste umfasste und seinen Schwanz gegen ihre für eine 57-jährige noch immer feste Kehrseite presste, bedachte sie ihn mit einem impulsiven Schwall ungarischer Schmähungen, und wenn er dann eins zulegte und drohte, sie auf der Stelle von hinten zu vögeln, steigerte auch sie ihre Beschimpfungen – provozierte ihn sogar noch, selbst auf die Gefahr hin, dass er seine Ankündigung wahr machte: „Baszni, hû de jó! – Ficken, ach wie fein!”

Ob es je dazu gekommen ist? Gelegenheit dazu hatten die beiden genug, und einen Nachholbedarf Fabians gegenüber dem weiblichen Geschlecht kann man füglich annehmen. Irgendwie fand die Hegedüs seine Unausgegorenheit direkt erfrischend, wobei wir vermutlich gar keinen richtigen Überblick über alle Facetten ihrer Gefühle für ihn haben können.

Manches davon mochte in ihrer Biografie begründet liegen. Sie war 1956 im zarten Alter von drei Jahren mit ihren Eltern aus Ungarn geflüchtet, und die Familie, wie viele anderer ihrer Landsleute, hatte sich mit viel Fleiß einen gewissen Wohlstand erarbeitet. Anders als eine Reihe von Ethnien, die eine Assimilation im Gastland strikt verweigern, war das mit den Hegedüs rasch vonstatten gegangen, und das einzig Ungarische, was der kleinen Réka vermittelt wurde, waren bestimmte Eckwerte der früheren Kultur, und da vor allem die Sprache, die sie, wie wir gesehen haben, bis hinein in den Bereich der Flüche beherrschte. Aber das war nicht mehr als eine Attitüte, und sie fühlte sich heute so sehr als Österreicherin, dass sie in die ausländerfeindlichen Parolen der Rechtsparteien einstimmte. In diesem Kontext konnte sie die Tabubrüche Fabians und seiner Gang verstehen.

Apropos Gang – sie wollte die Jungs gerne einmal kennenlernen, die da durch die Gegend streiften und den Kroaten, Serben, Türken und Schwarzafrikanern das Gefühl zu vermitteln suchte, dass es hier eine Gegenkraft gab, sowohl ideologisch, als auch was das Gesetz der Straße betraf. „Als Biederfrau kannst du da nicht mitgehen!”, belehrte sie Fabian, was gleichzeitig bedeutete, dass er seinen Kameraden seine Eroberung (mit der er wahrscheinlich unter unverschämten Übertreibungen bereits geprahlt hatte) durchaus zu zeigen bereit war. Und er brachte er ein Outfit, das ihr einerseits ein wenig den Atem stocken ließ, anderseits aber die Bewunderung darüber abverlangte, dass er vom bloßen Hinsehen ihre Maße genau getroffen hatte.

„Zier’ dich nicht!”, befahl er, „Ob du’s glauben willst oder nicht, du bist ohnehin noch immer” – bei dieser Einschränkung zuckte Réka ein wenig zusammen, fing sich aber gleich wieder – „ein rattenscharfes Teil!” Und er befahl ihr, sich gleich hier vor ihm umzuziehen, denn unmittelbar danach sollte es losgehen.

Winkler, der (und wir sollten nicht vergessen, dass wir uns hier in seiner Wohnung befinden!) nur mehr wie ein Geist herumschlich, beobachtete die Szene durch einen Türspalt, und der Atem stockte ihm, nicht vielleicht, weil er durch die Hegedüs’schen Reize überwältigt war, sondern über die Ungeheuerlichkeit des Vorgangs an sich. Réka zog sich nämlich auf der Stelle splitterfasernackt aus und reichte Fabian ihre Sachen, der diese mit spitzen Fingern wie alte Fetzen in eine Ecke warf.

Dann ging er mit ihr in den Wiener Stadtpark und stellte sie hochoffziell vor. „Was haben wir denn da!”, sagten die Freunde heuchlerisch. Die Gute wurde hinten und vorne beäugt – und schießlich von allen vergewaltigt und ermordet. Der letzte Blick, bevor Réka Hegedüs den langen dunklen Tunnel betrat, richtete sich hilfesuchend auf Fabian, aber dieser war nicht wiederzuerkennen.